Pluralismus / Relativismus

Heute rückt die Vielfalt der Glaubensvorstellungen und Werte weltweit immer mehr ins Bewusstsein der Menschen. Die modernen Kommunikationsmittel verknüpfen die Orte schnell miteinander, an denen Menschen sehr verschiedene Religionen ausüben und unterschiedlichen sittlichen Geboten folgen; mehr und mehr leben sie jetzt nahe beieinander. Die meisten Menschen behaupten, dass ihre Glaubensvorstellungen und Werte wahr seien. Doch diese scheinen oft so verschieden und gelegentlich auch so gegensätzlich zu sein, dass wir uns verwundert fragen müssen, wie sie alle wahr sein können. Viele ziehen daraus den Schluss, Wahrheit müsse sein, was eine einzelne Person oder eine Gruppe für wahr hält, oder dass nichts wahr sei. „Pluralismus“ und „Relativismus“ beziehen sich auf diese vage, weit verbreitete Einstellung zur Wahrheit. Doch sie können auch auf präzisere Vorstellungen von Wahrheit hinweisen.

1. Allgemeine Definitionen

„Relativismus“ ist, umsichtiger definiert, das Gegenteil von „Absolutismus“. Im „Absolutismus“ wird die Ansicht zum Ausdruck gebracht, dass es nur einen Standard von Wahrheit gibt und dass Aussagen, Werte und Glaubensauffassungen, die ihm entsprechen, für jeden zu jeder Zeit und an jedem Ort wahr sind. „Relativismus“ dagegen ist die Ansicht, dass es in jeder Kultur, jeder intellektuellen Disziplin und in vielen anderen Bereichen sehr unterschiedliche Standards von Wahrheit gibt und dass diese Standards oder Bezugsrahmen der Wahrheit untereinander inkompatibel oder unverrechenbar sind. So kann etwas nur in Beziehung zu oder relativ zu einem besonderen Bezugsrahmen wahr sein.

Beispielsweise ist die Behauptung, dass Jesus Herr über das Universum sei, innerhalb des christlichen Bezugsrahmens wahr. Aber die Wahrheitsstandards anderer Religionen sind so anders, dass sie das nicht bestätigen können. Deshalb kann diese Glaubensaussage über Jesus nur für Christen wahr sein. Es gibt kein höheres oder weiteres Gefüge von Standards darüber hinaus, das andere Religionen mit umfasst und diese Aussage für alle wahr macht. (Anhänger eines absolutistischen Wahrheitsanspruchs erheben jedoch den Anspruch, dass irgendwelche anderen Bezugsrahmen, wie die Philosophie etwa, sehr wohl auf alle Religionen anwendbar seien und Unstimmigkeiten unter ihnen auszugleichen vermögen).

Wenn aber die relativistische Anschauung einfach und direkt zum Ausdruck gebracht wird, entstehen Probleme. Wird gesagt, dass eine Aussage nur innerhalb bestimmter Bezugsrahmen wahr sein könne, stellt sich die Frage, was das für die Aussage selbst bedeutet. Wenn sie wahr sein sollte, dann kann sie nur unter bestimmten Rahmenbedingungen wahr sein. Behauptet wird aber, dass in ihr etwas ausgesagt wird, das immer wahr sei. Mit anderen Worten, sie behauptet, eine absolute oder absolut wahre Aussage in jedem Bezugsrahmen zu sein, und sie behauptet zugleich verneint zu haben, dass jede Aussage absolut wahr sein könne. Die meisten Philosophen und Theologen sehen in dem so verstandenen Relativismus einen Selbstwiderspruch. Deshalb identifizieren sich auch nur wenige mit dem Relativismus. Einige wiederum akzeptieren den Relativismus in einer qualifizierten Weise. Sie verneinen keineswegs, dass eine absolute Wahrheit existieren könne (ontologisch), sie bestätigen aber nur, dass wir das niemals erkennen können und nur wegen dieser Unfähigkeit der Erkenntnis Relativisten seien (epistemologisch). Andere wiederum bezeichnen sich als Relativisten nur im Hinblick auf bestimmte Bereiche (vielleicht auf den religiösen Bereich), nicht aber im Hinblick auf jeden Bereich (vielleicht auf den wissenschaftlichen Bereich).

Die Begriffe „Relativismus“ und „Pluralismus“ werden auf vielfältige Weise gebraucht, gelegentlich werden sie auch gegeneinander ausgewechselt. Alle Vorstellungen, die pluralistisch genannt werden, bringen wie der Relativismus die Behauptung zum Ausdruck, dass von Bezugsrahmen zu Bezugsrahmen große Unterschiede in der Annahme bestehen, was Wahrheit ist. Dennoch suchen die meisten nach Gemeinsamkeiten in den Bezugsrahmen. So nehmen Pluralisten zwar die Verschiedenheiten wahr, die meisten bemühen sich aber, doch Gemeinsamkeiten zwischen den Bezugsrahmen zu finden.

Relativismus und Pluralismus ziehen oft Menschen an, die einen bestimmten Gebrauch von absoluten Wahrheitsansprüchen entschieden zurückweisen: so beispielsweise, wenn westliche Nationen Demokratie als das absolute, ideale politische System ansehen, aber mit dieser Anschauung Regierungen anderer Nationen schwächen und diese dann sehr undemokratisch behandeln, oder wenn sie die Ansicht von der universalen Herrschaft Jesu, dem sie zu dienen vorgeben, nutzen, um die imperialistische Unterordnung anderer Religionen unter das Christentum und anderer Länder unter die eigene Nation zu rechtfertigen.

2. Religiöse Relativismusdiskussionen

Wo mögen die Täufer auf der Skala von „Absolutismus“ zu „Relativismus“ zu finden sein? Zunächst könnte behauptet werden: weit am vorderen Ende. Die Täufer behaupteten nämlich, im Besitz der wahren Sicht von vielem zu sein, der Taufe etwa. Aber die absolute Wahrheit war für sie der auferstandene Christus, was bedeutete, dass er der Herr über Alles ist, und dass die menschlichen Wahrheitsansprüche ihm untergeordnet seien. Doch die Wahrheit, wie die Täufer sie verstanden, konnte nicht die letztgültige Autorität der Obrigkeit stützen, mit der diese die Menschen auf eine Weise beherrschten, die Relativisten und Pluralisten heute kritisieren, denn dieser Herr unterwirft und unterdrückt nicht, sondern dient, leidet und stirbt für die Unterdrückten – ebenso für seine Feinde. Jesus als Herr kann nicht wirklich politische und ideologische Mächte legitimieren, die Menschen unterdrücken und unbedingte Gefolgschaft fordern. Dieser Herr relativiert und dekonstruiert vielmehr als Diener ihre angeblichen universalen Ansprüche und befreit die Menschen aus deren festem Griff.

Dennoch war und ist Christus für viele große christliche Körperschaften als Herr hauptsächlich ein mächtiger Monarch, der die Aggressivität ihrer Regierungen und den westlichen Imperialismus sanktioniert. Während die Mennoniten sich ihre abweichenden Ansichten über Jesus durch die Jahrhunderte bewahrten, waren sie gewöhnlich winzige Minderheiten, die ihre Stimme nur selten erhoben oder deren Stimme nur selten zu hören war.

Wenn jedoch „Pluralismus“ und „Relativismus“ Ansprüche auf universale Wahrheit kritisch herausfordern, die von herrschenden Institutionen und theologischen Systemen erhoben wurden, öffnen sie Räume für eine Vielfalt von Stimmen, die sich Gehör verschaffen wollen. Aus diesem Grunde folgten viele mennonitische Theologen John Howard →Yoder und hießen „Pluralismus/Relativismus“ als „strategische Verbündete“ des christlichen Glaubens willkommen – obwohl Yoder davor warnte, Pluralismus und Relativismus als ein System oder eine Norm zu übernehmen. Einige mennonitische Theologen nutzen die Sprache des Relativismus auf recht positive Weise, um zu unterstreichen, dass jeder Mensch an einem bestimmten Ort lebt und denkt und nicht von irgendeinem neutralen, universalen Standpunkt her. Viele dieser Theologen behaupten allerdings auch – wenn nicht sogar oft -, dass die grundsätzlichen christlichen Glaubensauffassungen universal (für alle und überall) wahr seien. Da jedoch nur wenige unter ihnen klären, wie beide Ansprüche wahr sein können, müssen ihre Meinungen einen verwirrenden oder widersprüchlichen Eindruck hinterlassen.

Gordon →Kaufman schlägt eine Lösung dieses Widerspruchs vor, indem er sowohl „Relativismus“ als auch „Absolutismus“ im Konzept von „Gott“ verankerte. Er meinte, dass „Gott“, der Grund jeglicher Existenz und der endgültige Beziehungspunkt für alles Handeln, absolut sei. Aber als solcher ist „Gott“ auch einzigartig, und nur dieses Konzept könne universal sein. Jedes andere Konzept und jede Wirklichkeit sind endlich oder relativ zu diesem Absoluten. Für Kaufman ist „Gott“ die höchste Einheit aller positiven Konzepte, so wie Güte und Schönheit. Aber da die Menschen weit davon entfernt sind, alles darüber zu wissen, kann „Gott“ keine statische Idee mit einem fest fixierten Inhalt sein. Wie Immanuel Kant sagte, funktioniert „Gott“ als eine regulative Idee. Diese Idee treibt das Denken an, alle positiven Konzepte zu begreifen und miteinander immer angemessener zur Einheit zu bringen und alle unangemessenen Ideen zu kritisieren und zu verwerfen. Kaufman leitete diese Universalität nicht von der Herrschaft Christi ab, sondern von der Philosophie. Im „Christussymbol“ sah er aber eine Präzisierung dessen, was unter Gott zu verstehen sei.

Nancey Murphy behandelt wissenschaftliche und ethische Themen als „Paradigmen“ mit eigenen Wahrheitskriterien. Da sich aber viele Paradigmen auf dieselben Erscheinungen oder Handlungen beziehen, kann herausgefunden werden, ob sie jeweils angemessen seien oder nicht. Schließlich erweisen sich einige Paradigmen anderen gegenüber als überlegen oder wahrer; und da einige mit noch weiteren Paradigmen verknüpft werden können, sehen Theologen sich in die Lage versetzt, immer noch erst nach einer in sich stimmigen Vorstellung von der letzten Wirklichkeit zu suchen. Für Kaufman und Murphy ist diese universale Erkenntnis nicht etwas, das irgendwer jetzt schon besitzt, sie ist vielmehr ein Ziel, das die Menschen auf sich zieht.

3. Religiöse Pluralismusdiskussionen

Obwohl der Begriff „Pluralismus“ sehr ungenau ist, hat sich doch eine spezifische Bedeutung in den Diskussionen über die Weltreligionen, besonders mit der Aufsatzsammlung zum Myth of Christian Uniqueness (1987) nahegelegt. Christliche Zugänge zu anderen Religionen werden in diesem Werk oft so klassifiziert: Exklusivität, Inklusivität und Pluralität.

Im Sinne der Exklusivität ist das Christentum die einzige wahre Religion. Andere Religionen mögen bestenfalls einen Schimmer von Wahrheit enthalten, können aber auch ganz falsch sein. Das Heil ist allein durch Christus zu erlangen. Mit der Exklusivität werden Absolutheitsansprüche über das Sein (ontologisch) erhoben, denn Christus selbst ist die Wahrheit, und auch über die Erkenntnis (epistemologisch), denn Menschen aller Art müssen diese Wahrheit kennen und bekennen, um gerettet zu werden.

Auch im Sinne der Inklusivität bietet das Christentum die volle Wahrheit, wenngleich andere Religionen Aspekte der Wahrheit enthalten können. Gott führt einige Menschen anderen Glaubens zum Heil, insofern solche Aspekte der Wahrheit vorhanden sind. Aber Christus allein bringt das Heil und ist die absolute Wahrheit (ontologisch). Nichtchristen können nichts über Christus wissen, dennoch kann ihre Erkenntnis der Wahrheit (epistemologisch) zumindest teilweise aus ihrer eigenen Religion entstehen, d. h. einige Aspekte der Wahrheit können in deren Begrifflichkeit verstanden werden. Deshalb können manche Nichtchristen durch Christus gerettet werden (ontologisch), auch wenn sie nichts von ihm wissen oder sich nicht zu ihm bekennen (epistemologisch).

Die absoluten Ansprüche der Exklusivität werden manchmal eingesetzt, um Menschen anderen Glaubens unter Zwang zu bekehren und den Imperialismus mit Hilfe „christlicher“ Nationen zu stärken. Da die ontologischen Ansprüche der Inklusivität ebenso absolut sind, kann sie ähnlich funktionieren. Allerdings kann sich das auch mit dem Respekt vor anderen Formen religiöser Erkenntnis und Praxis ändern.

Pluralität, die teilweise von der Ächtung jeglichen Zwangs und imperialistischen Verhaltens motiviert wird, weist die Vorstellung von der Absolutheit des Christentums zurück, sowohl in ontologischem als auch in epistemologischem Sinn. Der Pluralismus bemüht sich, jede Religion in ihrer Besonderheit zu würdigen. Trotzdem ist er nicht ganz und gar relativistisch. Er behauptet nämlich, dass alle Religionen einen Kern gemeinsam haben, der Normen für ihre theologischen Entwürfe und Handlungen bereitstellt. Gordon →Kaufman meint, dass alle Religionen versuchen, sich für die Menschwerdung des Menschen einzusetzen, und daran gemessen werden können, wie gut ihnen das gelingt. Diese Menschwerdung schreitet in der Geschichte voran. Das ist die Fähigkeit der Menschen, ihre Gesellschaften im Lichte zukünftiger Ziele zu verändern. Geschichtlichkeit „can be further specified as responsibility, self-understanding, well-ordered freedom, and concern for the organic and physical world to which we belong“ (Kaufman, In Face of Mystery, 130).

Kaufman meint, dass Geschichtlichkeit „aus dem westlichen historischen Denken erwächst“ (Myth of Christian Uniqueness, 14) und nun überall zur Modernisierung drängt (Kaufman, God – Mystery – Diversity, 33). Ähnlich behauptet John Hick, der wohl bekannteste Pluralist, dass alle Religionen in einem Prozess aufeinander zulaufen, der durch Wissenschaft, Technologie, Freiheit, Gleichheit und Demokratie im Westen in Gang gekommen sei (Hick und Knitter (Hg.), Myth of Christian Uniqueness, 25; Hick, An Interpretation of Religions, 380). Viele Pluralisten, die die Normativität des Christentums ablehnen, weil sie westlichen Imperialismus stützen könnte, ersetzen diese Normativität durch weltweiten „Fortschritt“ westlicher Werte, Mächte und Zivilisation selbst.

Dieses Paradox kann auf ein tieferes zurückgeführt werden: die Unentschlossenheit, in der Würdigung der Unterschiede unter den Religionen pluralistisch genug zu sein, indem diese verdunkelt und mit Hilfe irgendeines normativen gemeinsamen Kerns beurteilt werden. S. Mark Heim, ein baptistischer Theologe mit starken täuferischen Neigungen, fragt, ob echte Wertschätzung der anderen Religion und Kooperation unter den Religionen nicht besser gefördert werden könnten, indem die vielen Unterschiede zwischen ihnen respektiert würden, einschließlich jeglichen Anspruchs auf universale Wahrheit. Es stellt sich die Frage, ob religiöse Menschen wirkungsvoller für Verständigung, Gerechtigkeit und Frieden arbeiten können, wenn sie nicht von vagen Ähnlichkeiten und dem Bemühen, tolerant zu sein, geleitet werden, sondern von Werten, die ihren eigenen Glaubensweisen entspringen, die sie – universal betrachtet – für wahrhaft gut und gegen alles Böse gerichtet halten.

4. Einige Schlussfolgerungen

Pluralismus und Relativismus unterstreichen große Unterschiede zwischen kulturellen, intellektuellen und religiösen Bezugsrahmen der Wahrheit. Mit Recht widerstehen sie Bemühungen, diese Unterschiede zu vereinfachen oder vorzeitig zu harmonisieren. Auch klagen sie zu Recht darüber, dass universale Wahrheitsansprüche als Instrumente des Zwangs und der Unterdrückung genutzt werden. Dennoch wird die Meinung vertreten, dass gemeinsames Suchen nach universalem Konsens, das Unterschiede respektiert und oft einschließt, in unserer von Konflikten geschüttelten Welt notwendig ist und dass dieses im Lichte christlicher Ansprüche, wie sie von Täufern besonders bejaht werden, möglich sei (Th. Finger).

Erstens fordert universale Herrschaft Jesu Christi alle unterdrückerischen Absolutheitsansprüche heraus, sie relativiert und entmachtet sie. Das kann niemals Zwang und Imperialismus stützen, sondern widersetzt sich ihnen immer. Christen, die dem sich hingebenden, dienenden Weg Jesu zu folgen versuchen, können alle Menschen achten, mit ihnen verkehren und mit allen möglichen Menschen zusammenarbeiten. Sie können auch von der Liebe Jesu sprechen, die ohne Zwang ist.

Zweitens ist nach neutestamentlicher →Eschatologie, wie sie von den Täufern des 16. Jahrhunderts beachtet wurde, der auferstandene Jesus Christus „schon“ die lebendige, letzte Wahrheit (ontologisch) – wenn seine Wahrheit in unserer Welt auch „noch nicht“ voll präsent ist. Jesus versucht alle Menschen durch seinen Heiligen Geist und sein Volk in seine Wahrheit zu führen. Diese Wahrheit ist auch auf eine „inklusive“ Weise präsent – teilweise in anderen Religionen. Unter den Täufern wurde dies von Balthasar Hubmaier, Leonhard Schiemer, Pilgram Marpeck und Dirk Philips auf unterschiedliche Weise bestätigt. Hans Denck, Hans Hut und Hans Schlaffer lehrten das noch direkter.

Drittens kann die universale Wahrheit einen Ort im Prozess der Mission finden, in dem versucht wird, alle Menschen zueinander zu führen. Wie Murphy und Kaufman nämlich herausgestellt haben, ist universale Wahrheit ein Ziel. Wir besitzen sie nicht jetzt schon; wir bemühen uns vielmehr um sie. Auch wenn wir sie niemals vollständig erfassen werden, lohnt sich die Mühe darum. Wenn Menschen aus allen Nationen, Völkern und sozialen Klassen zusammenkommen sollen, werden die Bemühungen um gegenseitige intellektuelle Verständigung ein Teil dieses Prozesses sein. Um die erschreckenden weltweiten Probleme der Gegenwart anzugehen, wie die Zerstörung der Umwelt, müssen Menschen an vielen Orten schließlich in einigem übereinstimmen.

Doch Wahrheiten, die Menschen miteinander teilen wollen, können nicht Ansichten sein, die eine Gruppe einer anderen abverlangt. Sie müssen aus einem offenen Dialog entspringen. Wie die Mission Menschen unterschiedlicher Art achten und dienen muss, muss der Dialog mit anderen die besonderen Wahrheiten eines jeden respektieren, wie diese ihnen in ihrem jeweiligen Kontext plausibel zu sein scheinen. Selbst wenn die Menschen zu keiner Übereinstimmung gelangen, dürfen sie andere Meinungen nicht vorschnell ablehnen oder in ihre eigenen Bezugssysteme pressen. Wenn wir nämlich wirklich dahin kommen, andere Meinungen innerhalb ihrer Rahmenbedingungen zu verstehen, können wir fruchtbare Beziehungen zu unseren Ansichten entdecken, auch Wege, die beide zu einer breiteren Verständigung weisen. Universale Wahrheit vereinfacht nicht oder ignoriert nicht wirkliche Unterschiede. Dieser Prozess stellt unter ihnen Beziehungen her, auch wenn es ein langer, schwieriger und niemals endender Prozess sein wird.

So hat die Bewegung auf universale, intellektuelle Wahrheit hin (epistemologisch) ihren Ort in der Bewegung auf das „noch nicht“ hin: auf die vollständige (ontologische) Wirklichkeit der Herrschaft Christi, des Herrn und Dieners der Menschen.

Quellen (Auswahl)

Gordon Kaufman, Relativism, Knowledge and Faith, Chicago 1960. - Ders., In Face of Mystery, Cambridge, Mass., 1993. - Ders., God-Mystery-Diversity, Minneapolis 1996. - Nancey Murphy, Beyond Liberalism and Fundamentalism, Valley Forge, Pa., 1996. - A. James Reimer, Theology and Science: Response to Nancey Murphy, in: ders., Mennonites and Classical Theology, Kitchener, Ont., 2001, 132–137. - John Howard Yoder, „But We Do See Jesus": The Particularity of Incarnation and the Universality of Truth, in: The Priestly Kingdom, Notre Dame, Ind., 1984, 46–62.

Literatur (Auswahl)

Gerald Biesecker-Mast and Susan Biesecker-Mast (Hg.), Anabaptists and Postmodernity, Telford, Pa., 2000. - John Hick, An Interpretation of Religions, London, 1989. - Gavin D'Costa (Hg.), Christian Uniqueness Reconsidered, Maryknoll, NY, 1990 . - Ders., Christianity and World Religions: Disputed Questions in the Theology of Religions, Chichester, Engl., 2009. - Thomas Finger, Confessing Truth in a Pluralistic World, in: David Shenk und Linford Stutzman (Hg.), Practicing Truth, Scottdale, Pa., 1999, 203–218. - Ders., A Mennonite Theology for Interfaith Relations, in: S. Mark Heim (Hg.), Grounds of Understanding, Grand Rapids, Mich., 1998, 69–92. - David Griffin (Hg.), Deep Pluralism, Louisville 2005. - John Hick, An Interpretation of Religions, London, 1989. - S. Mark Heim, Salvations: Truth and Difference in Religions, Maryknoll, NY, 1995. - Ders., Depth of the Riches: A Trinitarian Theology of Religious Ends, Grand Rapids. Mich., 2001. - John Hick and Paul Knitter (Hg.), The Myth of Christian Uniqueness, Maryknoll, NY, 1987. - Michael Krausz (Hg.), Relativism: A Contemporary Anthology, New York 2010. - Michael Krausz and Rom Harre, Varieties of Relativism, Cambridge, Mass., 1996.

Thomas Finger

 
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