Ter Meulen, Jacob

geb. am 3. Dezember 1884 in ’s-Gravenhage, gest. am 12. August 1962 in ’s-Gravenhage, Niederlande; Bibliothekar des Haager Friedenspalastes.

Jacob ter Meulen war einziges Kind des Franҫois Pieter ter Meulen, des bekannten Landschaftsmalers der „Haager Schule“, und Christine Henriëtte Bohn, aus alter mennonitischer Familie. Einer seiner Onkel, Hendrik ter Meulen (1841–1873), war Mennonitenprediger. Jacob ter Meulen heiratete 1915 Wilhelmina Bosboom, deren Großonkel Johannes Bosboom ebenfalls zur „Haager“ Schule gehörte. Ter Meulen studierte u. a. Staatsrecht und Völkerrecht, zunächst in Amsterdam und danach in Zürich, wo er bei Max Huber im Jahre 1916 magna cum laude mit seiner Dissertation Beitrag zur Geschichte der Internationalen Organisation 1300–1700 promoviert wurde. Diese Studie wurde später in erweiterter Form zu einem Standardwerk, in dem die Friedenspläne internationaler Organisationen zwischen 1300 und 1889 beschrieben sind.

Nach mehrjähriger Tätigkeit an der Universitätsbibliothek Utrecht und an der Handelshochschule (jetzt: Erasmus Universität) in Rotterdam wurde er 1924 zum Bibliothekar des Friedenspalastes in ’s-Gravenhage ernannt. Diese Tätigkeit übte er bis 1952 aus. Sein Promotor und späterer Freund Max Huber, der an der Zweiten Haager Friedenskonferenz (1907) teilgenommen und den Pazifismus ter Meulens gestärkt hatte, war inzwischen Richter am Permanenten Gerichtshof für Internationale Justiz mit Sitz im Haager Friedenspalast geworden.

Zwar hatte Jacob ter Meulen während der Mobilmachung der Niederlande (das neutral blieb) seinen Militärdienst geleistet, doch er fühlte sich von den starken Friedensbewegungen der zwanziger Jahre ergriffen. Von 1933 bis zur deren Aufhebung durch die Besatzungsmacht im Jahre 1941 war er Sekretär der Arbeidsgroep van Doopsgezinden tegen de Krijgsmacht. 1936 wurde er zugleich noch, nach Ablauf der →Mennonitischen Weltkonferenz, zum Sekretär des im Gemeinschaftshaus Fredeshiem gegründeten International Mennonite Peace Committee. Verschiedene seiner kleineren Schriften und Artikel, unter anderem in den Brieven van de Vereeniging voor Gemeentedagen van Doopsgezinden, handeln vom Pazifismus und (Anti-) Militarismus – oft unter einer internationalen Perspektive.

Auf praktische Weise bekannte er sich zu seiner friedfertigen Einstellung, indem er sich 1937 für die Hutterer, die aus Deutschland (→Rhönbruderhof) in die Niederlande und nach Liechtenstein fliehen mussten, einsetzte. Es waren vor allem seine Bemühungen, die ihnen zu ihrer Flucht nach England verhalfen. Danach wurde er, von 1939 bis 1945, einer der treibenden Kräfte der mennonitischen Hilfsaktionen für deutsche, jüdisch-christliche Flüchtlinge, die zunächst in mennonitischen Gemeinschaftshäusern Aufnahme fanden und ab Mai 1940 im späteren Konzentrationslager Westerbork gefangen gehalten wurden. Dieses Lager hatte ter Meulen einige Male besucht. Bis 1960 hielt er freundschaftlichen Kontakt zum deutschen Pastor dieser Flüchtlinge, Bruno Benfey, der selber jüdischer Herkunft und aus diesem Grunde in die Niederlande geflohen war.

Jacob ter Meulens wissenschaftliche Arbeiten spitzten sich auf einige zusammenhängende zentrale Themen zu, die er vor allem bibliographisch aufarbeitete: die erwähnten internationalen Organisationen, Schriften zum →Pazifismus und Militarismus (durch sein Zutun erwarb der Friedenspalast eine sehr breitgefächerte Sammlung von Schriften auf diesem Gebiet, von 1899 bis 1940) und schließlich Hugo Grotius, mit dessen Gedanken zur Toleranz, unter anderem in De iure et pacis, er sich sicherlich verwandt fühlte. Auf allen diesen Gebieten galt ter Meulen als Autorität. Mit Wissenschaftlern und Friedensstiftern in vielen Ländern korrespondierte oder pflegte er persönlichen Kontakt.

Ter Meulen war eine besondere Persönlichkeit: bescheiden, bedächtig und mitfühlend. Beharrlich strebte nach offener und wahrhaftiger Kommunikation. Sein Charakter wurde als „von außerordentlicher Integrität und Edelmut“ beschrieben. Er hat vielen Menschen in Not mit Tatkraft und ohne Aufheben finanziell geholfen. Für sein Engagement in Wissenschaft und Gesellschaft wurde er unter anderem mit der Verleihung der königlichen Auszeichnungen „Ridder in de Orde van de Nederlandse leeuw“ und „Officier in de Orde van Oranje-Nassau“ geehrt.

Veröffentlichungen

Artikel in De Zondagebode; Brieven van de Gemeendedagbeweging (s. u. Nachruf von Diermanse).

Nachrufe

P. J. J. Diermanse, Jacob ter Meulen, in: Jaarboek van de Maatschappij der Nederlandse Letterkunde te Leiden, 1962/1963, 128–133. - G. de Groot, Jacob ter Meulen, in: Doopsgezind Jaarboekje 1963, 15–17.

Archivmaterial

Ein persönliches Archiv „Jacob ter Meulen“ im: Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis in Amsterdam; im: Nationaal Instituut voor oorlogsdocumentatie in Amsterdam (Jacob ter Meulen, Document 1–1128). Vgl. weiterhin das Archiv der Doopsgezinde Vredesgroep im Stadsarchief Amsterdam (Städtischen Archiv Amsterdam).

Alle G. Hoekema

 
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