Correll, Ernst Heinrich

geb. am 5. April 1894 in Heilbronn, Deutschland, gest. am 24. Juni 1982 in Salt Lake City, Utah, USA; Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler, Historiker.

Ernst H. Correll war ein Historiker, der sich schon früh dem Feld der täuferisch-mennonitischen Studien unter religiösen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zugewandt hatte. Seit l924 spielte er auch eine wichtige Rolle dabei, das Goshen College als ein herausragendes Zentrum täuferisch-mennonitischer Forschungen an der Seite des nordamerikanischen Historikers Harold S. →Bender aufbauen zu helfen. In Erinnerung bleibt er vor allem mit seiner Dissertation über Das schweizerische Täufermennonitentum: Ein soziologischer Bericht aus dem Jahr 1924.

Correll war der uneheliche Sohn eines Gutsbesitzers in Neustadt an der Haardt und einer süddeutschen Mutter aus mennonitischer Familie. Sein Konfessionsstand war evangelisch.

Von 1908 bis 1913 besuchte er die Oberrealschule in Heilbronn, danach hatte er vor, seinen beruflichen Weg im Bankfach zu suchen. Er wurde jedoch zum Militärdienst eingezogen und erlitt an der Front des Ersten Weltkriegs eine Kopfverletzung, die seine Pläne änderte. Er wandte sich dem Studium der Sozialgeschichte zu. Um 1920 lernte er die familiär eng geknüpfte Familie Ulrich Heges in Markt bei München, kennen die ihm ein wahres zweites Zuhause bot. 1922 traf er auch auf den nordamerikanischen Historiker John →Horsch, mit dem er schon vorher brieflich in Verbindung gestanden hatte. Beide entwickelten eine tiefe Zuneigung füreinander. Horsch schrieb 1923: „ein reiner junger Mann mit hohen Plänen (…). Seine Kenntnis mennonitischer Geschichte ist bemerkenswert; es gibt nicht viele, die ihn darin übertreffen, niemanden in seinem Alter“ (Bender-Nachlass). Durch seine Forschungen und persönliche Begegnungen mit Horsch und Harold S. Bender sah Correll sich persönlich veranlasst, den Glauben und die Prinzipien der Täufer für sich zu übernehmen, auch den christlichen Pazifismus, der den nationalen Geist und die Losung „Macht setzt Recht“ herausforderte.

Correll begann sein religionssoziologisches Studium vor allem bei Max →Weber und wurde von ihm auch angeregt, ein täuferisches Thema für die Dissertation zu wählen. Als Weber 1920 plötzlich starb, unterstützte Ernst Troeltsch die Arbeit an dieser Dissertation „mit helfendem Interesse“. Am 28. 1924 schloss Correll die Promotion zum Dr. oec. publ. an der Staatswirtschaftlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München ab. Gewidmet hat Correll diese Untersuchung seinen Lehrern Max Weber und Ernst Troeltsch.

1923 begegnete Harold S. Bender dem Doktoranden in Europa. Daraus entwickelte sich eine dauernde Beziehung, die sich sogar auf Benders Entscheidung auswirkte, das Fach des Alten Testaments gegen Reformationsgeschichte auszutauschen. Bis zum Frühjahr 1924 – Ergebnis seiner Verbindung mit Correll – enthielt Benders Korrespondenz immer mehr Anspielungen auf täuferische Themen. Das führte schließlich dazu, dass Correll eine Professur am Goshen College angeboten wurde, die er auch annahm.

Correll traf im September 1924 in Goshen ein und wurde dort Professor für Soziologie und Wirtschaftswissenschaften. Unter denjenigen, die eine neue Ära historischer Aufmerksamkeit unter den nordamerikanischen Mennoniten und darüber hinaus einleiteten, war er ein wichtiger Partner von Anfang an. Sechs Wochen nach seiner Ankunft wurde die Mennonite Historical Society neu gegründet. Bender wurde Präsident, Correll leitete die Bibliothek. Beide riefen die Mennonite Quarterly Review ins Leben (seit 1927) und die Studies in Anabaptist and Mennonite History. Correll steuerte auch wissenschaftliche Anmerkungen zum frühen Stadium des Projekts zur Übersetzung der Briefe Konrad →Grebels bei.

Die Betonung, die jetzt auf mennonitische Geschichte gelegt wurde, verlieh dem College ein neues Ethos. Um 1927 war das ein Ort, „an dem ein aggressives neues Programm ausgereift war, das neues historisches Material in einem erstaunlichen Tempo erzeugte“ (Albert N. Keim). In diesen Entwicklungen war Correll an der Seite Benders eine wichtige Gestalt.

Correll verließ Goshen 1928 um eine Position als wirtschaftlicher Berater der Regierung in Washington, D. C. anzunehmen. Ein Jahr später schloss er sich der Fakultät der American University in Washington, D. C., an, wo er bis zu seiner Emeritierung 1963 Wirtschaftswissenschaften lehrte und Positionen in der akademischen Verwaltung inne hatte. Während dieser Jahrzehnte setzte er sein Interesse an Mennonitenforschung fort und schrieb zahlreiche Aufsätze zur Einwanderung russlanddeutscher Mennoniten in Nordamerika. Er forschte auch über mennonitische Familiengeschichte (→Genealogie) und steuerte Beiträge zur weiteren mennonitischen Geschichte bei.

Veröffentlichungen in Auswahl

Ernst H. Correll, Das schweizerische Täufermennonitentum: Ein soziologischer Bericht (Tübingen 1925). - When We First Met, in: Mennonite Quarterly Review 38, 1964, 148–151. - In Mennonite Quarterly Review: 26 Aufsätze, neun Rezensionen; zwei biographische Skizzen (vgl. MQR Cumulative Index of Volumes 1–74 [74/5], 2000). - Artikel im Mennonitischen Lexikon, z.B. „Friedensbewegung“ u.a.

Archivmaterial

Nachlass: Ernst Correll Collection, Hist Mss 1–28, Archives of the Mennonite Church (Goshen, Indiana). - Harold S. Bender Collection, Hist Mss 1–278 (2/7 und passim), Archives of the Mennonite Church (Goshen, Indiana).

Literatur

John S. Oyer, Art. Correll, Ernst H., in: Mennonite Encyclopedia V, 207. - Donald F. Durnbaugh, Ernst H. Correll and Juniata College, in: Mennonite Quarterly Review 67 1993, 481–488. - Goshen College Bulletin, Bde. 19–22 1925–28. - Albert N. Keim, Harold S. Bender: 1897–1962, Scottdale, Pa. 1998, 157–58, 181–189, 319. - Susan Fisher Miller, Culture for Service: A History of Goshen College, 1894–1994, Goshen, Ind. 1994, 134, 147–148.

Leonard Gross

 
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