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Österreich (Frühe Neuzeit)

In allen Teilen Österreichs gab es im frühen 16. Jahrhundert geistliche Aufbrüche, die von täuferischen Ideen geprägt waren. Allerdings setzte die Verfolgung sehr schnell ein. Das Mandat Ferdinands I. vom 20. August 1527, das noch stärker als die nachfolgenden Mandate den Vorwurf der Blasphemie erhob, bildete den Auftakt für das Vorgehen gegen die Täufer. Spätere Mandate betonten dann die politisch-soziale Gefährdung, die man der Ausbreitung der täuferischen Lehre unterstellte. So warnte bereits das Generalmandat des Landeshauptmanns von Oberösterreich, Cyriak von Polheim, vom 27. Oktober 1527 vor einer Zerstörung der „guten policey“, vor „auffruer, abfallung der obrigkait und besunderung des gemainen mans“ (G. Mecenseffy, Hg., Quellen, Bd. 1, 27). Das hutterische Geschichtbuch überliefert die Zahl von 661 Täufern, die in den Erblanden um ihres Glaubens willen hingerichtet wurden (R. Wolkan, Geschicht-Buch, 182 f.)

1. Frühe täuferische Gemeinden

Ein Schwerpunkt der frühen täuferischen Bewegungen lag in Tirol. Hier wurde Mitte der 1520er Jahre sehr rasch der Einfluss der Schweizer Täufer spürbar, da Georg Blaurock über Graubünden und den Vinschgau die Regionen südlich des Brenners mit seinen täuferischen Predigten erreichte. Insbesondere das Pustertal wurde in den folgenden Jahren zu einem Brennpunkt täuferischer Aktivität. Aus Moos bei St. Lorenzen stammte beispielsweise Jakob →Huter, der viele Tiroler Täufer nach Mähren begleitete, wo sie unter den später nach Huter benannten „Hutterern“ eine neue Heimat fanden (→Hutterische Bruderhöfe). Jakob Huter selbst wurde Anfang 1536 vor dem „Goldenen Dachl“ in Innsbruck um seines Glaubens willen auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Interessanterweise war die Gegend um Bruneck auch ein Zentrum des Protestantismus in Tirol.

Tirol war ebenfalls die Heimat Pilgram →Marpecks, der aus Rattenberg stammte und dort als Bergrichter tätig war. Das Inntal bildete mit Innsbruck, Hall, Schwaz, Rattenberg und Kufstein einen weiteren Schwerpunkt täuferischer Aktivität, in der sich vor allem der Einfluss der Ideen Hans →Huts widerspiegelte. Doch die harte Verfolgung machte es unmöglich, dauerhaft bestehende Gemeinden zu gründen. Wichtige Prediger wurden unter Druck gesetzt und verließen entweder heimlich das Land oder bezahlten ihr Beharren auf dem täuferischen Glauben mit dem Tod. Pilgram Marpeck etwa wanderte 1528 nach Straßburg aus, und Helene von Freyberg, eine der wenigen Adeligen, die zu den Täufern zählten und die in ihrem Schloss Münichau bei Kitzbühel eine täuferische Gemeinde beherbergte, musste Ende 1529 nach Bayern fliehen. Leonhard Schiemer, der eigentlich aus Vöcklabruck stammte, aber als täuferischer Prediger in Tirol wirkte, wurde 1528 in Rattenberg hingerichtet. Hans Schlaffer, der ebenfalls aus Oberösterreich stammte, fand im gleichen Jahr in Schwaz den Tod. In Innsbruck erinnert seit 2015 ein Denkmal im „Huttererpark“ an die Verfolgung im Land und an die Auswanderung von Tiroler Täufern auf dem Inn.

In fast allen Regionen der habsburgischen Länder gab es Zentren täuferischen Lebens, wobei sich diese, im Gegensatz zur Situation in Tirol, oft lediglich auf einige Orte oder Städte konzentrierten. So stechen in Oberösterreich Linz, Steyr und Freistadt heraus, wo sich der Einfluss Hans Huts nachweisen lässt. Hut hielt sich im Sommer 1527 hier auf, predigte und taufte. Regionale täuferische Prediger waren zudem Hans Bünderlin, Leonhard Freisleben und Wolfgang Brandhuber in Linz sowie Hans Schlaffer in Freistadt. Gmunden dagegen ist durch die 1529 erfolgte Gefangennahme des späteren hutterischen Ältesten Peter →Riedemann in die Annalen der täuferischen Geschichte eingegangen. Riedemann schrieb im Gefängnis in Gmunden, wo er bis 1532 bleiben musste, seine erste Rechenschaft, die Gmundner Rechenschaft.

Niederösterreich und Wien waren für die Täufer vor allem Durchreisestation. So fuhren täuferische Migranten, etwa aus Tirol, bis in die Gegend von Krems auf der Donau und nahmen dann den Landweg, um die hutterischen Höfe in Mähren zu erreichen. Es ist überliefert, dass Hutterer aus Mähren den Neuankömmlingen entgegenkamen und sie auf dem Weg Richtung Norden begleiteten. In Wien wurde ein Gasthaus in der Kärntner Straße 1536 reisenden Hutterern zum Verhängnis, da sie als Täufer erkannt, verraten und gefangen genommen wurden. Auch Hans Hut hatte 1527 in Wien Station gemacht und in der Kärntner Straße gepredigt und getauft. Andere Orte wiederum tauchen in den Quellen ebenfalls vor allem im Zusammenhang mit der Gefangennahme von Täufern auf. So wurden die Hutterer Georg Fasser und Leonhard Lantzenstil 1536 in Mödling gefangen genommen, Balthasar →Hubmaier musste 1527 ins Gefängnis auf der nördlich von Wien gelegenen Burg Kreuzenstein und die ebenfalls nördlich von Wien gelegene Burg Falkenstein war Schauplatz für die Gefangennahme von 136 Täufern, vor allem vom hutterischen Bruderhof Steinabrunn in Niederösterreich. Sie wurden auf der Burg Falkenstein zusammengetrieben; viele von ihnen mussten danach eine Strafe als Galeerenhäftlinge auf der Adria abbüßen.

Etwas später als in anderen Regionen lassen sich täuferische Gemeinden in Kärnten nachweisen. Ab Anfang der 1530er Jahre gibt es Hinweise auf Täufer in St. Veit, in Villach sowie in Klagenfurt. Der bekannteste dürfte Anthony Erdtforter sein, von dem einige Briefe überliefert sind. Erdtforter äußert darin seine große Unzufriedenheit mit dem katholischen Glauben und begründet damit seine Auswanderung nach Mähren.

Kärnten wird im 17. Jahrhundert noch einmal wichtig für die Hutterer, als Kryptoprotestanten aus der Gegend um Villach um ihres Glaubens willen zur Migration nach Siebenbürgen gezwungen wurden. Völlig mittellos kamen sie in Siebenbürgen an und wurden von den dortigen Hutterern als Tagelöhner engagiert. Offenkundig vom hutterischen Glauben fasziniert, schlossen sich 1756 etwa 50 ehemalige Kärntner Protestanten den Hutterern an und sorgten für eine veritable Belebung der nur noch auf wenige Mitglieder geschrumpften hutterischen Gemeinschaft.

2. Die Aktivitäten hutterischer Missionare

Bis ins späte 16. Jahrhundert war die täuferische Geschichte in Österreich vor allem durch die Arbeit hutterischer Missionare geprägt. Wie auch die Hutterer bis 1618 zu „der“ täuferischen Gruppe in den habsburgischen Ländern wurden. Man ist leicht geneigt, die Täufer in Österreich auf sie zu reduzieren, denn ihre Zahl überragte zumindest im späten 16. Jahrhundert alle anderen täuferischen Gruppen und Gemeinden um ein Vielfaches. Und tatsächlich waren es die Hutterer, die es schafften, die Anfänge der täuferischen Bewegung zu überleben, ihre Gemeinden auch zu festigen und diese bis 1618 zu prosperierenden Wirtschaftsbetrieben auszubauen. Dabei entstand ein vorbildlich organisiertes Gemeinwesen täuferischen Glaubens- und Arbeitslebens. Für das Jahr 1618 kann man von ungefähr 25.000 Hutterern ausgehen, die auf 43 Bruderhöfen im Raum zwischen Brünn und Nikolsburg sowie in der Slowakei lebten.

Bis ins frühe 17. Jahrhundert betrieben die Hutterer von →Mähren aus eine lebendige Missionsarbeit. Ihre Sendboten predigten in vielen Regionen Österreichs den täuferischen Glauben und führten die Neubekehrten nach Mähren, wo sie auf den Höfen der Hutterer eine neue Heimat fanden. Beispielhaft für die Aktivitäten der Sendboten im späten 16. Jahrhundert stehen wiederholte Klagen der Obrigkeiten in Tirol, dass die „Bekämpfung“ der Täufer deshalb so schwierig sei, weil stets neue Sendboten ins Land kämen (G. Mecenseffy, Quellen, Bd. 3, 682). Bis in die 1590er Jahre tauchen vor allem der Vinschgau und das Etschtal als Zentrum täuferischer Predigt auf. Doch es ist auch überliefert, dass noch 1612 hutterische Ärzte immer wieder nach Graz kamen und von vielen „vornehmen Familien“ konsultiert wurden (Paul Dedic, Wiedertäuferärzte in der Steiermark, 23 f.). Auch in Vorarlberg, wo sich wohl nur in Au im Bregenzerwald eine Gemeinde hat bilden können, erlebte die täuferische Bewegung nach 1580 noch einmal einen Höhepunkt. Viele Täufer wanderten nach Mähren aus. 1613 entsandten die Hutterer Thoman Wilhalm, um in seiner alten Heimat zu missionieren. In der Folge begaben sich erneut Täufer auf den Weg Richtung Osten. Auch die beiden letzten Märtyrer, die das hutterische Geschichtsbuch überliefert, stammten aus dem Bregenzerwald und waren mit dem Ziel, sich den hutterischen Gemeinden anzuschließen, aufgebrochen. Christina Brenerin und Jos Wilhalm, der Vater des hutterischen Missionars, wurden jedoch aufgegriffen, inhaftiert und 1618 in Egg im Hinteren Bregenzerwald hingerichtet.

3. Ende der Tolerierung

In demselben Jahr, 1618, schloss sich für die Hutterer, wie für alle Protestanten, dann die Tür zur Tolerierung in Österreich. Es hieß auszuwandern, wobei nur ungefähr ein Drittel der Hutterer tatsächlich Mähren verließ. Die übrigen blieben zurück, wandten sich der katholischen Religion zu und wurden später unter dem Namen „Habaner“ bekannt. Die Auswanderer zogen nach Siebenbürgen, von wo sie eine Einladung des siebenbürgischen Fürsten Gabriel Bethlen erhalten hatten. Im 18. Jahrhundert ging die Wanderung weiter. Mit Zwischenstationen in der Walachei und in Südrussland emigrierten die Hutterer schließlich von 1874 an in die USA.

In vielen Orten und an vielen Plätzen hängen in Österreich heutzutage Tafeln, die an die täuferische Geschichte erinnern.

Quellen (Auswahl)

Hans Fischer, Jakob Huter. Leben, Froemmigkeit, Briefe, Newton 1956. - Grete Mecenseffy (Hg.), Quellen zur Geschichte der Täufer, Bd. 11.: Österreich, I. Teil, Gütersloh 1964. - Dies. (Hg.), Quellen zur Geschichte der Täufer in Österreich, Bd. 13.: Österreich, II. Teil, Gütersloh 1972. - Dies. und Matthias Schmelzer (Hg.), Quellen zur Geschichte der Täufer, Bd. 14.: Österreich, III. Teil, Gütersloh 1983. - Rudolf Wolkan (Hg.), Geschicht-Buch der Hutterischen Brüder, Falher, Alb. 1990.

Literatur (Auswahl)

Paul Dedic, Wiedertäuferärzte in Steiermark, in: Zeitschrift des deutschen Vereins für die Geschichte Mährens und Schlesiens 40, 1938, 22–27. - Hildegund Gismann-Fiel, Das Täufertum in Vorarlberg, Innsbruck 1973. - Linda A. Huebert Hecht, Helena von Freyberg of Münichau, in: C. Arnold Snyder und Linda A. Huebert Hecht (Hg.), Profiles of Anabaptist Women. Sixteenth-Century Reforming Pioneers (Studies in Women and Religion, 3), Waterloo 1996, 124–139. - Walter Klaassen und William Klassen, Marpeck. A Life of Dissent and Conformity, Scottdale, PA, 2008. - Johann Loserth, Der Anabaptismus in Tirol. Von seinen Anfängen bis zum Tode Jakob Huters (1526–1536), in: Archiv für österreichische Geschichte 78, 1892, 427–604. - Johann Loserth, Der Anabaptismus in Tirol. Vom Jahre 1536 bis zu seinem Erlöschen, in: Archiv für österreichische Geschichte 79, 1893, 127–276. - Adolf Mais, Gefängnis und Tod der in Wien hingerichteten Wiedertäufer in ihren Briefen und Liedern. Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 1963/64, 87–182. - Grete Mecenseffy, Ursprünge und Strömungen des Täufertums in Österreich, in: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs 14, 1984, 77–94. - Werner O. Packull, Hutterite Studies. Communitarian Experiments during the Reformation, Baltimore 1995. - Ders., Die Anfänge des Täufertums in Tirol, in: Günter Vogler (Hg.), Wegscheiden der Reformation. Alternatives Denken vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, Weimar 1994, 179–209. - Ders., Peter Riedemann. Shaper of the Hutterite Tradition, Kitchener. Ont., 2007. - Astrid von Schlachta, Hutterische Konfession und Tradition (1578–1619). Etabliertes Leben zwischen Ordnung und Ambivalenz (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abteilung für Abendländische Religionsgeschichte, 198), Mainz 2003. - Dies., „Eine Taube könnte alle Christen, die in der Stadt Klagenfurt sind, auf dem Rücken über die Ringmauer führen“. Einblicke in das täuferische Leben Kärntens, in: Wilhelm Wadl (Hg.), Glaubwürdig bleiben. 500 Jahre protestantisches Abenteuer (Archiv für vaterländische Geschichte und Topographie, 101), Klagenfurt 2001, 189–201. - Matthias Schmeltzer, Elisabeth von Wolkenstein of Uttenheim, in: C. Arnold Snyder und Linda A. Huebert Hecht (Hg.), Profiles of Anabaptist Women. Sixteenth-Century Reforming Pioneers (Studies in Women and Religion, 3), Waterloo 1996, 164–177.

Astrid von Schlachta

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