Voth, Heinrich

geb. am 19. Oktober 1887 in Waldheim, Russland, gest. am 1. November 1973 in Tokmak, Kirgisien, Sowjetunion; Ältester der Mennonitengemeinden in der Kolonie Sagradowka, Gründer mehrerer Mennonitengemeinden in der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg, Ältester der Gemeinde Tokmak, Kirgisien, Sowjetunion.

Seine Eltern Peter und Justina Voth zogen bald nach der Entstehung der Sagradower Kolonie dorthin und kauften im Dorf Altonau eine Wirtschaft. Später, als Heinrich Voth fünf Jahre alt war, zogen die Eltern in das Dorf Schönau um. Hier besuchte er die Dorfschule. Nach der 7. Klasse wechselte er in die Zentralschule nach Neu-Schönsee, und 1904 begann er seine Lehrerausbildung an den Pädagogischen Kursen in Neu-Halbstadt. Danach arbeitete er als Lehrer an verschiedenen Schulen in Sagradowka. Im Jahre 1912 heiratete er die Tochter eines Gutsbesitzers Elisabeth de Jager. Dieser Ehe entstammten 5 Kinder. Im Ersten Weltkrieg diente Heinrich Voth als Sanitäter in Odessa.

Nach der Revolution und dem Ende des Bürgerkrieges in Russland wurde Heinrich VOth im Jahre 1920 zum Prediger der Nikoleifelder Mennonitengemeinde gewählt. 1922 starben seine Frau Elisabeth und die jüngste Tochter Katharina an Fleckentyphus. Im Mai 1923 heiratete Heinrich Voth in zweiter Ehe Susanne Mantler. Aus dieser Ehe gingen sechs Kinder hervor, drei davon verstarben im Kindesalter.

Im Januar 1925 nahm Heinrich Voth an der letzten mennonitischen Bundeskonferenz 1925 in Moskau teil und hielt dort ein Referat über die christliche Ehe. In demselben Jahr wurde er zum Ältesten der Nikoleifelder Gemeinde gewählt. Seine Ordination vollzog Ältester Jakob Rempel aus Grünfeld. In den Folgejahren verschlechterte sich seine Situation zunehmend. Die neuen sowjetischen Machthaber waren bestrebt, jegliche Religionsausübung zu unterbinden. 1929 unternahm Heinrich Voth mit seiner Familie einen misslungenen Fluchtversuch. Wie viele andere Deutsche reiste er nach Moskau, um die Ausreise ins Ausland zu erwirken. Hier wurde er verhaftet, kam aber nach einigen Tagen frei. Die Familie wurde in die Ukraine zurückgeschickt.

Am 8. Mai 1931 wurde Heinrich Voth verhaftet und einen Monat später mit der gesamten Familie in den Ural verbannt. Hier musste er schwer arbeiten, wurde im Jahre 1938 erneut verhaftet und kam für 18 Monate ins Gefängnis.

1948 bildete sich in Krasnowischersk, wo die Familie Voth nach vielen Zwangsumsiedlungen jetzt lebte, eine kleine Gruppe von Gläubigen, deren Leitung Heinrich Voth übernahm. Schon bald taufte er einige Personen. Nach Aufhebung der Kommandanturaufsicht unternahm Voth mehrere ausgedehnte Hirtenreisen in verschiedene Verbannungsgebiete der Russlandmennoniten. Dabei hielt er heimliche Versammlungen ab, taufte Neubekehrte, setzte Prediger und Älteste ein und gründete mehrere Gemeinden.

Im Jahre 1966 siedelte er mit seiner Ehefrau nach Tokmak, Kirgisien, um, wo er trotz seiner schwachen Gesundheit die neu entstandene Mennonitengemeinde entscheidend prägen konnte. Im hohen Alter, fast erblindet, unternahm er noch einige Reisen, um den jungen Gemeinden in Mittelasien zu dienen.

Nachdem er Franz Wiebe zu seinem Nachfolger in der Gemeinde eingesegnet hatte, starb Heinrich Voth im Alter von 86 Jahren in Tokmak, Kirgisien.

Quellen

Hermann Heidebrecht, Ein Hirte der Zerstreuten, Bielefeld, 1999. - Unveröffentlichte Erinnerungen (Tagebücher) von Heinrich Voth. - Erinnerungen der Kinder von Heinrich Voth.

Hermann Heidebrecht

 
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