Keeney, William E.

geb. am 17. Juli 1922 in Fayette County, Pennsylvania, gest. am 12. November 2006 in Bluffton, Ohio, USA; Hochschullehrer und Historiker des niederländischen Täufertums, mennonitischer Vertreter einer angewandten Friedenstheologie.

William E. Keeney war der Sohn von William L. Keeney und Kathryn Echard Keeney und wuchs in einer Familie auf, die vom Kohleabbau als Mitglied einer Gemeinde der Disciples of Christ im ländlichen Südwesten Pennsylvaniens lebte. Als seine Familie sich Penn-Craft anschloss, einer Selbsthilfekooperative für arbeitslose Minenarbeiter, die von dem Amerikanischen Friends Service Committee gegründet worden war, begann sich das Leben William Keeneys zu ändern. Hier kam seine Familie zum ersten Mal mit Quäkern und Mennoniten in Kontakt. Nach dem Abschluss der Oberschule 1940 arbeitete William Keeney ein Jahr lang in den Kohleminen und folgte dann seiner Schwester an das Bluffton College (Ohio). Hier wuchs er in seine mennonitische Konfessionsidentität hinein, war im Peace Club aktiv und begegnete Vertretern der Fellowship of Reconciliation, deren Mitglied er wurde und ein Leben lang blieb. Seine Entscheidung, sich um den Status eines Kriegsdienstverweigerers aus Gewissensgründen zu bemühen, als er zum Wehrdienst einberufen wurde, zeigt sein wachsendes Engagement für den Frieden, der seiner Meinung nach ein grundsätzliches Anliegen des Neuen Testaments war. Er unterbrach sein Studium, um vier Jahre lang den Zivildienst (Civilian Public Service) abzuleisten. 1947 heiratete er Willadene Hartzler und schloss 1948 das Studium in Bluffton mit dem Bachelor of Arts in Bible ab. Aus der Ehe gingen zwei Töchter und zwei Söhne hervor.

Keeney trug auf vierfache Weise zum Leben der Mennonite Church bei: in der Friedensarbeit, der Lehre, Verwaltung und Forschung. Da er davon überzeugt war, dass der Kirche zu folgen sei, wenn sie ruft, ging er mit dem →Mennonite Central Committee (MCC) von 1948 bis 1950 nach Deutschland und in die Niederlande und noch einmal von 1961 bis 1963 in die Niederlande, wo er den Vorsitz im MCC European Peace Committee übernahm. Später folgte er Harold S. →Bender als Vorsitzender der Peace Section des MCC.

Sein Graduiertenstudium begann an den Mennonite und Bethany Biblical Seminaries in Chicago, das er 1953 abschloss. Während dieses Studiums hatte er ein besonderes Interesse für den Seelsorgedienst entwickelt. Als Gründungsmitglied der Woodlawn Mennonite Church, einer „inter-racial church“, war er als Pastor dieser Gemeinde für einen Sommer eingesprungen. 1959 erwarb er den Doktortitel mit einer Dissertation in historischer Theologie am Hartford Theological Seminary (Connecticut).

Zwischen seinem Studium und seinem Dienst in Übersee arbeitete Keeney von 1953 bis 1967 am Bluffton College in unterschiedlichen Positionen der Lehre und Verwaltung (Assistent des Präsidenten, Direktor der Zulassungsstelle zum Studium und Direktor für Öffentlichkeitsarbeit). Von 1958 bis 1967 war er Professor of Bible, und von 1968 bis 1981 arbeitete er am Bethel College (North Newton, Kansas) als Academic Dean, Provost, Professor of Bible and Religion und in anderen administrativen Positionen. Er half mit, hier ein Programm für Friedensforschung einzurichten. Während dieser Zeit verbrachte er zwei Jahre an den Associated Mennonite Biblical Seminaries in Elkhart, Indiana. Er war Mitglied am Institute for Mennonite Studies und arbeitete für die Peace Section. Das war eine Tätigkeit, die für ihn ad hoc gefunden wurde, als sein Antrag auf ein Visum für eine zweijährige Tätigkeit im Rahmen des MCC in Südafrika fehlgeschlagen war. Er besuchte verschiedene Friedensgruppen in Europa und schrieb Arbeitsmaterialien zum Thema des Friedens für den kirchlichen Unterricht. Keeney verbrachte die letzten zehn Jahre seiner akademischen Berufsarbeit an der Kent State University (Ohio). Er lehrte und leitete während eines Teils dieser Jahre das Consortium on Peace Research (Friedensforschung), Erziehung und Entwicklungshilfe, eine Position, die er bereits am Bethel College angetreten hatte, wo diese Organisation für zwei Jahre angesiedelt war. 1990 wurde er in den Ruhestand versetzt und ging nach Bluffton zurück.

Als Kirchenhistoriker trug Keeney vor allem für angelsächsische Leser zu einem besseren Verständnis des holländischen Täufertums bei. Mit seiner Dissertation, die unter dem Titel Development of Dutch Anabaptist Thought and Practice from 1539 – 1564 (1968) veröffentlicht wurde, legte er eine frische Interpretation täuferischer Theologie vor, indem er zeigte, wie sehr sie sich im Laufe der Zeit vom Anliegen der Wiedergeburt der einzelnen Gläubigen zur Betonung der „Gemeinschaft der Gläubigen in der Kirche“ (corporate fellowship of believers in the Church) wandelte. Noch vierzig Jahre nach der Veröffentlichung blieb Keeneys Buch die einzige englischsprachige Monographie zur Theologie der täuferischen Bewegung in den Niederlanden. In diesem Buch arbeitete er den Einfluss heraus, den Dirk →Philips in der Entstehungsphase – systematischer als Menno →Simons – auf das niederländische Täufertum ausgeübt hatte. Keeney arbeitete im Ruhestand als Mitherausgeber an der englischen Übersetzung der Vollständigen Schriften Dirk Philips (1992) mit und übersetzte auch die Philips-Biographie J. ten →Doornkaat Koolmans (1998).

Für ein allgemeines kirchliches Lesepublikum schrieb Keeney Lordship as Servanthood (1975), in dem er das täuferische Verständnis des biblischen Pazifismus in dreizehn Unterrichtseinheiten erläuterte. Einige Jahre später wurde dieses Buch auch in spanischer Sprache veröffentlicht (1978). Fast zwanzig Jahre danach sahen Mennoniten in Brasilien es immer noch als nützlich an, dieses Buch auch in portugiesischer Sprache herauszubringen (1992).

In einer Denkschrift kurz vor seinem Tod schrieb Keeney: „Die Frage auf meine Suche nach Erkenntnis davon, was am realsten und wahrsten sei, fand ich im Namen Jesu Christi. Christliche Nachfolge scheint mir die Fragen, die von einem ambivalenten Patriotismus, einem humanitären Liberalismus und einer agnostischen Wissenschaftlichkeit aufgeworfen, aber nicht beantwortet wurden, am besten zu beantworten.“

Veröffentlichungen (Auswahl)

The Development of Dutch Anabaptist Thought and Practice from 1539–1564, Nieuwkoop 1968. - Lordship as Servanthood: Thirteen Lessons on the Bible Basis for Peacemaking, Newton, Kans., 1975 (La Estrategia Social de Jesús, Barcelona 1978; Senhor, Porém, Servo, Caminas 1992). - Mit Cornelius J. Dyck und Alvin J. Beachy (Hg.), The Writings of Dirk Philips, 1504–1568, Scottdale, Pa., 1992. - My Journey to Peacemaking, in: Mennonite Life 66, Nr. 4, 2006 (http://www.bethelks.edu/mennonitelife/2006Dec/keeney.php).

Literatur

Former Bluffton, Bethel Professor Dies, in: Mennonite Weekly Review, 27. November 2006, 7. - William E. Keeney was a Retired College Professor, in: The Bluffton News, 16. November 2006,15.

Mary S. Sprunger

 
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