Fretz, J. W. Winfield

geb. am 29. September 1910 in Bedminster, Pennsylvania, gest. am 24. Januar 2005 in North Newton, Kansas, USA; Professor für Soziologie und Wirtschaftswissenschaften.

Joseph Winfield Fretz wurde als eines von elf Kindern des Ehepaars Clarence und Ella Landis Fretz in Bedminster, Pennsylvania, geboren. Er besuchte die einklassige Grundschule und erlangte die Hochschulreife an der Lansdale High School. Mit elf oder zwölf Jahren wurde er Mitglied der Deep Run Mennonite Church bei Lansdale.

Fretz studierte am Bluffton College, in Bluffton, Ohio, von 1930 bis 1934. Dort lernte er auch seine spätere Ehefrau Marguerite Geiger kennen. Während des Studiums war er ein sehr aktiver Leichtathletiker. 1936 immatrikulierte er sich an der University of Chicago, wo er 1938 den Grad eines Magister artium mit einer Arbeit über Mutual Aid Societies among Mennonites erwarb. Gleichzeitig studierte er am Chicago Theological Seminary und erwarb dort 1940 den Titel eines Bachelor of Divinity mit einer Studie über Mennonite Religious Institutions in Chicago. Schließlich wurde er 1941 zum Doktor der Soziologie an der University of Chicago mit einer Dissertation über Mennonite Mutual Aid: A Contribution towards the Establishment of a Christian Community promoviert.

Im Herbst 1941 wurde er an das Bethel College in North Newton, Kansas, berufen und mit der Lehre in Soziologie und Wirtschaftswissenschaften betraut. Von 1962 bis 1963 war er Interimspräsident dieses Colleges. Im Herbst 1963 zog er nach Waterloo, Ontario, Kanada, wo er die Aufgabe übernahm, das Conrad Grebel College in Verbindung mit der University of Waterloo zu gründen. Als er 1979 in den Ruhestand versetzt wurde, kehrte er mit seiner Frau in das gemeinsame Haus nach North Newton in Kansas zurück. Allerdings wurde er nochmals gebeten, die Geschäfte des Präsidenten der Associated Mennonite Biblical Seminaries in Elkhart, Indiana, vorübergehend von 1983 bis 1984 zu übernehmen.

Fretz regte die Schaffung der Conference on Mennonite Educational and Cultural Problems an, die von 1942 bis 1967 bestand und deren Proceedings in 16 Bänden veröffentlicht wurden. Er half in der Mennonite Community Association und in der Rural Life Association mit. Von 1942 bis 1944 arbeitete Fretz als Freiwilliger für das →Mennonite Central Committee (MCC) und betrieb Forschungen für folgende Veröffentlichungen: Mennonite Colonization: Lesson from the Past for the Future (1944), Rural Community Settlement: Case Studies of Mennonite Communities in Canada (1944), Mennonite Colonization in Mexico: An Introduction (1945) und Christian Mutual Aid: A Handbook of Brotherhood Economics (1947).

Von 1951 bis 1952 wurde Fretz vom Bethel College freigestellt, um im Auftrag des MCC soziologische Untersuchungen zur mennonitischen Kolonisation in Südamerika, besonders in →Paraguay durchzuführen, deren Ergebnisse sich in dem inzwischen zum Klassiker gewordenen Buch Pilgrams in Paraguay: The Story of Mennonite Colonization in South America (1953) niederschlugen. Mit Unterstützung des MCC brachte er seine früheren Untersuchungen 1958 auf den neusten Stand und veröffentlichte Immigrant Settlements in Paraguay (1962). Um diese Studie zu vollenden, erhielt er ein Guggenheim und ein Fulbright Stipendium. 1972 unternahm das Ehepaar im Rahmen eines Sabbatjahres eine Weltreise, um MEDA-Projekte (Mennonite Economic Development Associates) in Asien und Afrika zu besuchen. Daraus ist The MEDA-Experiment: Twenty Five Years of Economic Development (1978) entstanden. Während seiner Präsidentschaft hielt er am Conrad Grebel College zahlreiche soziologische Kurse über das Mennonitentum ab. In diesen Kursen halfen ihm Studierende, enorme Materialbestände zu sammeln, die in sein letztes größeres Buch eingingen: The Waterloo Mennonites: A Community in Paradox (1989). In diesem Zusammenhang übernahm er auch die Funktion des Gründungspräsidenten der Mennonite Historical Society in Ontario.

Neben den oben aufgeführten Büchern veröffentlichte Fretz sechs Broschüren, dreißig Aufsätze in Mennonite Life, fünfzehn Aufsätze in Christian Living, sieben Artikel in den Proceedings of Mennonite Educational and Culture Problems, sechs Aufsätze in Mennonite Quarterly Review, und einige Artikel in anderen Zeitschriften, außerdem noch 55 Buchbesprechungen.

Seine christlichen und diakonischen Überzeugungen brachte er durch Unterstützung und Teilnahme an folgenden Projekten zum Ausdruck: MEDA von Anfang an, Mennonite Community Association, Ontarion Mennonite Savings and Credit Union. Seine betriebswirtschaftliche Ethik wurde im Guest House unter Beweis gestellt, einem Hauptstraßenrestaurant in North Newton, das 1954 als erstes Haus seinen Betrieb auf Rassenintegration in dieser Gegend ausrichtete. Als Philanthrop bot er bedürftigen Leuten Darlehen an, die er teilweise sogar zinslos vergab, und errichtete einen Fond im Rahmen der Mennonite Foundation. Er war ein Vordenker und Praktiker in gegenseitiger Hilfe (Mutual Aid), wie sie von der christlichen Gemeinde zu organisieren sei, und wurde als solcher allseits geschätzt.

Werke (Auswahl)

Mennonite Mutual Aid: A Contribution towards the Establishment of Christian Community, Ph. D. Dissertation, University of Chicago 1941. - Christian Mutual Aid: A Handbook of Brotherhood Economics, Akron, PA, 1947. - Pilgrams in Paraguay: The Story of Mennonite Colonization in South America, Scottdale, PA, 1953. - The MEDA-Experiment: Twenty Five Years of Economic Development, Waterloo, Ont., 1978. - The Waterloo Mennonites: A Community in Paradox, Waterloo, Ont., 1989.

WerkBibliografie: Barbara Thiesen, J. Winfield Fretz Bibliography, in: Mennonite Life 54, Nr. 1, 1999, 28–29 (Auflistung fast aller Veröffentlichungen).

Literatur

Leland Harder, The Personal and Scholarly Pilgrimage of J. Winfield Fretz, in: Mennonite Life 4, Nr. 1 Juni 1999, 4–16. - Ders., Transformation of a Capitalist, in: Sharing 35, Nr. 4, 2001, 6–19. - Robert Kreider, J. Winfield Fretz, 1910 – 2005. A Tribute (E-mail message to friends of Fretz, 13. Februar 2005). - Calvin Redekop, Pilgrams in Paraguay. A Retrospective Review, in: Mennonite Life 54, Nr. 1, 1999, 25–27. - Ders., Anabaptist/Mennonite Faith and Economics, Lanham, MD, 1994, bes. Kap. 6, 7 und 12. - Toews, Paul, J. Winfield Fretz and the Early History of Mennonite Sociology, in: Mennonite Life 54, Nr. 1, 1999, 17–24. - Ders., Mennonites in American Society, 1930 – 1970, Scottdale, Pa., 1996, bes. 99–104.

Calvin W. Redekop

 
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