Cattepoel, Dirk

geboren am 7. Juli 1912 in Middelburg/ Niederlande, getauft am 22. Februar 1931 in Neuwied, gest. am 23. März 1976 in Bad Homburg/Ts., Deutschland; Pfarrer der Mennonitengemeinde in Krefeld.

Dirk Cattepoel hat evangelische Theologie in Bonn, Marburg, Berlin und Wien studiert und ist nach dem theologischen Examen 1934/35 mit einer Dissertation über Die Selbstmitteilung Gottes und der Glaube in der Theologie Emil Brunners am 29. September 1936 an der Evangelisch -Theologischen Fakultät der Universität Wien promoviert worden. Zunächst war er Hilfsprediger neben Gustav →Kraemer, ab 1. Januar 1937 Pfarrer in der Mennonitengemeinde →Krefeld. Er führte Jugendunterricht, Kindergottesdienst, Sprechstunde für Jugendliche ein und entwickelte eine rege Vortragstätigkeit. Typoskripte zahlreicher Predigten, Vorträge, Briefe, Berichte sind erhalten. Er schrieb Artikel für Mennonitische Jugendwarte, Mennonitische Blätter, Beiträge zur Geschichte rheinischer Mennoniten (1939), Mennonitisches Lexikon (Bde. 2 und 3).

1942 wurde Cattepoel als Wehrmachtspfarrer eingezogen und kehrte im Sommer 1945 nach Krefeld zurück. Die veränderte Lage stellte neue Aufgaben: Sammlung der verstreuten Gemeinde, Trauerarbeit im Blick auf Vergangenheit, Auseinandersetzung mit Schuld, Betreuung von Flüchtlingen, Wiederaufbau der Kirche, Hilfswerk, Mitarbeit in der „Christlichen Arbeitsgemeinschaft Krefeld“. Seine Frau Lore Cattepoel, geb. Sogemeier, Theologin, war ihm eine verlässliche Stütze und Vertreterin. Aus persönlichen Gründen schied Cattepoel im Herbst 1950 aus dem Dienst. Er machte Karriere in der Wirtschaft und wurde mit Themen wie „Menschenführung“, „Vom Arbeiter zum Mitarbeiter“ durch Publikationen und Vorträge bekannt.

Cattepoel verstand sich als liberaler mennonitischer Christ. Er betonte die Freiheit des einzelnen von dogmatischen, kirchenamtlichen und gemeindlichen Zwängen: „Glaubensleben ist wichtiger als Glaubenslehre und Glaubensinstitution – darin zeigt sich ein wichtiges Wesensmerkmal des Mennonitentums.“ Er betonte die Mitverantwortung der Christen für Gesellschaft und Staat. Den Nationalsozialismus (→Drittes Reich) beurteilte er als junger Mann positiv. Später mischten sich neben regimetreu wirkenden Äußerungen kritische Töne zu Gesellschaft und Staat in seine Predigten und Vorträge; gegen die Begrifflichkeit vom lebensunwerten Leben und gegen das Euthanasieprogramm nahm er Stellung. Nach dem Krieg entfernte Cattepoel sich weiter von früheren Positionen. Die nordamerikanischen Mennoniten nahm er als Friedenskirche (→Friedenstheologie) wahr und brachte das friedenskirchliche Erbe in der Gemeinde neu ins Gespräch.

Für seine Predigten ist typisch, dass er an gesellschaftliche Verhältnisse anknüpfte, Erfahrungen aufnahm, Stimmungen beschrieb. Zugespitzt auf die Situation kamen biblische Worte zur Geltung. Seine Predigten hatten starke dialogische Elemente und forderten Reaktionen der Zuhörenden heraus. In seinem Abschiedsbrief vom März 1951 beschrieb Cattepoel, wie er seine Aufgabe gesehen hatte: „… ein Pfarrer der Mennonitengemeinde hat ja nicht die Aufgabe, fertige Lösungen des Glaubens vorzutragen, sondern brüderlich und redlich mit allen und für alle die Wahrheit zu suchen.“

Literatur

Beate Kosterlitzky und Friedrich Zunkel, Krise und Versagen. Die Krefelder Mennoniten in der Weimarer Republik und während des „Dritten Reiches“ (1919–1945), in: Wolfgang Froese, Hg., Sie kamen als Fremde. Die Mennoniten in Krefeld von den Anfängen bis zur Gegenwart, Stadtarchiv Krefeld in Verbindung mit der Mennonitengemeinde Krefeld, Krefelder Studien 8, 1995, 205–249. - Hertha Sagebiel, Wiederaufbau und Neuorientierung. Die Krefelder Mennoniten in der Nachkriegszeit (1945–1962), a. a. O., 251–282. - Hans Adolf Hertzler, Wehrhafte Friedensbringer. Eine Predigt von Dirk Cattepoel aus dem Jahr 1949, in: Mennonitische Geschichtsblätter 2005, 145–162.

Hans Adolf Hertzler

 
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