Konkordanz

1. Wort- und Begriffskonkordanzen allgemein

Konkordanz (lat. concordantia, Übereinstimmung) ist eine alphabetisch geordnete Zusammenstellung von Wörtern oder Themen einer Schrift mit Angabe der entsprechenden Fundstellen, und sie ist seit jeher ein beliebtes Hilfsmittel. Die ältesten Konkordanzen stammen aus dem Mittelalter, betreffen die lateinische Bibel und wurden von den Gelehrten für die exegetische Arbeit und Disputationen an den Universitäten benützt. Im Zug der Reformation und mit der Verbreitung der Bibel in den Landessprachen erfreuten sich Bibelkonkordanzen auch in breiteren Schichten schnell großer Beliebtheit.

Man unterscheidet Wort- von Begriffskonkordanzen (auch Verbal- und Realkonkordanzen), wobei es im 16. und 17. Jahrhundert manchmal zu Mischformen kam. Wortkonkordanzen listen die in der Bibel vorkommenden Wörter in alphabetischer Reihenfolge auf und geben die Fundstellen je nach Ausgabe mit oder ohne Zitierung des Bibeltextes an. Die Begriffskonkordanzen enthalten in alphabetischer oder anderer Reihenfolge wichtige biblische Themen mit Stellenangaben und meistens auch den entsprechenden Bibeltext.

2. Geschichtlicher Abriss

Die älteste Konkordanz entstand zur Zeit der Scholastik, als die Gelehrten das vorhandene Wissen zu ordnen und zu systematisieren begannen. Nachdem Ende des 12. Jahrhunderts der alphabetische Index aufgekommen war und sich Stephen Langtons (gest. 1228) Einteilung der Bibel in die noch heute verbindlichen Kapitel zunehmend durchsetzte, erstellte der Dominikaner Hugo de St. Cher (gest. 1263) zwischen 1230 und 1244 im Kloster St. Jacques in Paris die erste Konkordanz, die sich auf die Angabe der Bibelstellen ohne Text beschränkte (Concordantiae breves). Als seine Mitbrüder zu allen Stellenangaben auch noch den entsprechenden Bibeltext hinzufügten, entstand ein umfangreiches Werk (Concordantiae maximae). Die erste gedruckte Konkordanz zur Vulgata (lateinische Bibel) war eine dem Dominikaner Konrad von Halberstadt (gest. 1355/1359) zugeschriebene Zusammenstellung, die 1474 bei Johann Mentelin in Strassburg erschienen ist (GW 7418). Bis 1500 folgten vier weitere gedruckte Ausgaben, wovon die letzte zusätzlich die Konkordanz des spanischen Theologen Johannes de Segovia (gest. 1458) enthielt (GW 7419–7422).

Die erste deutsche Wortkonkordanz erschien 1524 bei Johannes Schott in Straßburg im Druck (VD 16 S 3995), zwei Jahre nach Veröffentlichung des Neuen Testaments in der Übersetzung Martin Luthers. Diese Arbeit dehnte der evangelische Theologe Leonhard Brunner (1500–1558) später auf die ganze Bibel aus (VD 16 B 8636–8638). Weitere deutsche Wortkonkordanzen legten Petrus Patiens 1571 (VD 16 G 669), Lucas Stöckle 1606 (VD 17 1:052977 E), Conrad Agricola 1610 (VD 17 1:052977 E) und Johannes Piscator ebenfalls 1610 (VD 17 1:679181 X) vor. Von den später herausgegebenen deutschen Wortkonkordanzen besonders zu erwähnen sind die von Gottfried Büchner (1750), welche 1950 ihre 30. Auflage erlebt hat, und die Calwer Bibelkonkordanz (1892), deren zweite Auflage mit 1455 Seiten (1905) der mennonitische Gelehrte Johannes Claassen (gest. 1898) bearbeitet hat. Seit dem 16. Jahrhundert erschienen auch hebräische, griechische, weitere lateinische Wortkonkordanzen und solche in anderen europäischen Landessprachen im Druck; sie waren für Generationen von Studenten, Gelehrten und Laien wichtige Hilfsmittel für das Bibelstudium. Seit der Bibeltext in elektronischer Form vorhanden ist und Abfragen mittels Datenbankindizes sortierte Treffer ergeben, werden gedruckte Konkordanzen weniger benützt.

3. Konkordanzen der Täufer und Mennoniten

Für das Täufertum von wesentlich größerer Bedeutung waren Zusammenstellungen von Bibelstellen zu bestimmten Themen (→Schriftverständnis). Weil es schwierig sein dürfte, sich mit vertretbarem Aufwand einen Überblick über sämtliche Begriffskonkordanzen in den unterschiedlichen konfessionellen Lagern zu verschaffen, sollen im Folgenden nur für das Täufertum relevante Belegstellensammlungen erwähnt werden. Formal besteht zwischen Begriffskonkordanzen und den Loci-Sammlungen der Humanisten, die das Wissen durch diese Methode ordneten und sich aneigneten, eine gewisse Nähe. Im Unterschied zu den Loci-Sammlungen spiegeln die Begriffskonkordanzen jedoch häufig einen Biblizismus, der zur Zeit der Reformation in breiten Schichten vorhanden war. Vor allem die Täufer glaubten, dass die Heilige Schrift keinen Ausleger brauche, weil Gottes Wort in sich selbst klar und verständlich sei.

Jörg Berckenmeyer, ein Laie aus Ulm und 1545 von Martin Frecht als Schwenckfelder beschuldigt, stellte 1524 in alphabetischer Ordnung eine deutsche Begriffskonkordanz zusammen, die zahlreiche Auflagen erlebte (VD 16 B 1773–1788) und auch als Beigabe in Bibeln und Bibelteilen zu finden ist, u. a. im Neuen Testament von 1525 aus der Offizin Christoph Froschauers (VD 16 B 4365). In überarbeiteter und erweiterter Fassung wurde Berckenmeyers Begriffskonkordanz späteren Ausgaben der →Froschauer-Bibel beigegeben und ist dadurch auch von den Täufern vielfältig benützt worden. Seit 1567 erschien sie in gekürzter Form als Anhang in den kleinformatigen Ausgaben der Begriffskonkordanz, die bei den Schweizer und süddeutschen Täufern in Gebrauch waren.

Unter den Täufern waren von Anfang an auch eigene Listen mit konkordanten Bibelstellen zu ausgewählten Themen im Umlauf. Zum Beispiel benutzte Konrad →Grebel 1525 seine handschriftliche Belegstellensammlung zum Beweis der Bekenntnistaufe während einer Mission in Schaffhausen. Zu erwähnen ist auch das wahrscheinlich von Grebels Zusammenstellung abhängige Taufbüchlein von Hans Krüsi (VD 16 K 2466), das rote Büchlein mit einer Konkordanz zu 78 Begriffen von Hans →Hut und aus etwas späterer Zeit die von Leopold Scharnschlager kompilierte Testamenterläuterung (VD16 M 926); auch auf die manchmal Michael →Sattler zugeschriebene Flugschrift Wie die Schrift soll unterschieden werden (VD 16 S 1885) sei hingewiesen, besteht sie im Wesentlichen doch nur aus Bibeltexten, welche die Taufe betreffen. Vermutlich waren im 16. Jahrhundert unter den Täufern (vgl. etwa Kunstbuch, 522) und anderen Nonkonformisten (vgl. etwa Staatsarchiv Graubünden D V/3.84, fol. 60v-68v) zahlreiche handschriftliche Listen mit konkordanten Bibelstellen zu ausgewählten Themen in Gebrauch. Die größte Verbreitung fand jedoch das bei Gregor Hofmann in Worms erstmals gedruckte Werk mit dem Titel Concordantz und Zeiger der namhafftigsten Sprüch aller biblischen Bücher (VD 16 B 8638, Expl. der Stadtbibliothek Worms). Diese Belegstellensammlung zu 66 ausgewählten Themen wurde über 150 Jahre lang nachgedruckt; heute sind davon 14 deutsche Ausgaben und eine niederländische Edition bekannt (vgl. Snyder/Springer). Inhalt, Sprache, bibliographische Beobachtungen, Provenienzen und Quellenbelege lassen deutlich erkennen, dass diese Konkordanz im Umfeld der Schweizer und süddeutschen Täufer benützt worden und vermutlich auch entstanden ist. Die Zitate entstammen den frühesten Ausgaben der Froschauer-Bibel und wurden von den Täufern vermutlich memoriert und verinnerlicht, denn die Konkordanz diente hauptsächlich der Unterweisung. Sogar Analphabeten konnten dadurch schlagkräftig Antwort geben, wenn ihnen die Untersuchungsbehörden während der Einvernahme theologische Fragen stellten. Die Betonung lag jedoch nicht auf der Lehre, sondern auf dem Leben, wie aus der Themenauswahl geschlossen werden kann.

Von den niederländischen Begriffskonkordanzen mennonitischer Herkunft (vgl. Mennonite Encyclopedia I, 666) sind die Arbeiten von Jacob Pietersz van der Meulen, Pieter Jansz Twisck und Klaas Toornburg, Arzt und Prediger der Waterländer, hervorszuheben. Van der Meulen verfasste die Collatio S. Scripture. Dat is, Verghelijckinge der H. Schrifturen in verscheyden geloofs-saken, 1602 bei Jan Canin in Dordrecht erschienen. Von Twisck stammt neben anderen Werken die umfangreichste täuferische Bibelkonkordanz, die mit dem Titel Concordantie der Heyligen Schrifturen 1608 in Hoorn erstmals gedruckt wurde und in verbesserter Auflage 1648 bei Thomas Fonteyn in Haarlem erschien. Toornburgs Werk trägt den Titel Concordantie van gelijk-luydende plaatsen der Heylige Schrifture und kam 1695 bei Gerrit Welhem in Alkmar heraus. Ohne Einsicht in die Drucke nicht eingeordnet werden können Een Concordantie of Register der ganscher Bibel (Typographia Batava 3941) des gebannten Täufers Roelof Martens, 1559 in Emden gedruckt, und das 1576, 1581 und 1614 an verschiedenen Orten erschienene Werk mit dem Titel Handt-boecxken ofte Concordantie (Hillerbrand 4549).

Bibliografie

Art. Concordance, in: Mennonite Encyclopedia I, 665–667. – Art. Konkordanz, in: Mennonitisches Lexikon 2, 541 f. - Joe A. Springer, Das «Concordantz-Büchlein» : Bibliographische Untersuchung einer vor 1550 entstandenen täuferischen Bibelkonkordanz, in: Mennonitica Helvetica 24/25 (2001/02), 115–152. - Biblical Concordance of the Swiss Brethren, 1540, hg.. von C. Arnold Snyder, Einführung von Joe Springer, Kitchener (Ont.) 2001 (Snyder/Springer). - Briefe und Schriften oberdeutscher Täufer 1527–1555, hg. von Heinold Fast u.a., Gütersloh 2007 (Kunstbuch). - Gesamtkatalog der Wiegendrucke, bisher 11 Bde., Leipzig/Stuttgart 1925 ff. (GW). - Hans-Joachim Hillerbrand, Anabaptist bibliography 1520–1630, 2. Aufl., St. Louis 1991. - Quellen zur Geschichte der Täufer in der Schweiz, Band 2: Ostschweiz, hg. von Heinold Fast, Zürich 1973, 265–273. - Typographia Batava, 1541–1600, 2 Bde., Nieuwkoop 1998. - Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des XVI. Jahrhunderts, Stuttgart 1983–2000, vgl. auch www.vd16.de (VD 16). - Das Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 17. Jahrhunderts, www.vd17.de (VD 17).

Christian Scheidegger

 
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