Kuiper, Frederik (Frits)

geb. in Warga am 7. Dezember 1898, gest. in Krommenie, Niederlande, am 7. März 1974; Mennonitenprediger.

Frits Kuiper war der zweite Sohn (das dritte Kind) des Abraham Kornelis →Kuiper (Prediger u. a. in Warga 1895–1899 und Amsterdam 1901–1930) und Henriëtta Sophia Muller, Enkelin von Samuel Muller. Frits Kuiper heiratete 1927 die Juristin Maaike Anna Heuvelink (1901–1991). Das Ehepaar blieb kinderlos, und als Kuipers starb, bedeutete das das Ende eines Zeitraumes von 185 Jahren, in denen es nahezu ununterbrochen einen Mennonitenprediger Kuiper gab. Kuipers herausragende und sozial engagierte Schwester Johanna Engelberta Schipper-Kuiper (1896–1956) wurde bekannt als Autorin von Jugendbüchern und Kinderbibeln, ebenso als Übersetzerin englischer und deutscher belletristischer Literatur.

Frits Kuiper studierte von 1918 bis 1924 Theologie an der Universität Amsterdam und am Taufgesinnten Seminar. Er war Prediger in Amersfoort (1924), Krommenie (1928), Alkmaar (1932) und Amsterdam (1947–1963).

Von 1945 bis 1947 arbeitete er als Studienleiter bei der Stiftung Vrij Nederland, die aus der ersten illegalen Bewegung während des Krieges 1940–1945 hervorgegangen war. Niemand hatte im 20. Jahrhundert eine so mennonitische Theologie ausgebildet wie Frits Kuiper. Eine akademische Stellung als Professor oder Dozent am Taufgesinnten Seminar blieb ihm leider verwehrt, weil es ihm, aufgrund seiner Aufgaben als Prediger, nicht gelang, sein Studium in Leiden mit dem erforderlichen Abschluss abzurunden. Allerdings hielt er in den sechziger Jahren eine Reihe von Vorlesungen am Taufgesinnten Seminar und war nach seiner Pensionierung von 1964 bis 1966 Dozent am Mennonitischen Seminar in Montevideo, Uruguay.

Auch wenn er seinen mennonitischen Hintergrund theologisch niemals verleugnete, galt sein Interesse, persönlich und existentiell gesprochen, nacheinander dem russischen Kommunismus, dem Kampf gegen den Nationalsozialismus und der Rolle der christlichen Gemeinde an der Seite Israels, sowie dem Staat Israel. [Barth, Karl|Karl →Barth]] (auf den ihn K. H. Roessingh in Leiden hinwies) und ab 1953 Franz Rosenzweig wurden seine eigentlichen Lehrer. In seinem letzten Buch, Een klein drieluik van onze bevrijding (1974), wird neben diesen beiden auch noch Lenin genannt. In seinen Studentenjahren war Frits Kuiper u. a. aktiv in der Nederlandse Christen Studenten Vereniging, wo er K. H. Miskotte, H. Kraemer und N. Stufkens kennen lernte. Im Auftrag dieser Vereinigung arbeitete er am Ende seiner Studienzeit von 1922 bis 1924 in Kasan (an der Wolga) für den Europäischen Student Relief Fund. Im Jahre 1936 besuchte er die Sowjetunion erneut. Durch diese Besuche wurde er zu einem scharfen Beobachter der Sowjetunion und fühlte sich solidarisch mit dem Proletariat. Seine ersten Schriften handeln von der Beziehung zwischen den Sowjets und dem Christentum. Diese Beziehungen sind gekennzeichnet durch eine Haltung kritischen Wohlwollens. Selber war er aktives Mitglied der Sociaal Democratische Arbeiders Partij (SDAP). Seine bewusste, bekennende Entscheidung für den Sozialismus kam zum Ausdruck in einer Sammlung kleinerer Schriften und Predigten von 1927 bis 1932: Christ und Sozialist (1933/1979). 1974 war er einer der Begründer der ökumenischen Bewegung „Christen für den Sozialismus“. Außerdem hatte er in den zwanziger Jahren Karl Barth persönlich kennen gelernt in den Vorlesungen, die er in Münster hörte (Sommer 1926, 1927), und in der Korrespondenz, die er mit Barth von 1926 bis 1948 führte. 1939 veröffentlichte er eine Broschüre, in der Barths Kritik an der Kindertaufe zustimmend besprochen wurde.

Bereits in seinen Studentenjahren wurde er von dem Gedanken der Gewaltlosigkeit ergriffen. In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg (und noch währenddessen) war er ein mitreißender und manchmal auch rigoroser Vorsitzender der Arbeidsgroep tegen de Krijgsdienst innerhalb der Vereinigung für Gemeindetage, später der Vereinigung Elspeet. Außerdem war er Mitglied bei Kerk en Vrede. In Alkmaar äußerte er sich schon ab 1938 zu dem Schicksal jüdischer Flüchtlinge, und im Krieg selber war er, ebenso wie andere Mitglieder seiner Familie, engmit dem Widerstand gegen die deutsche Besatzungsmacht verbunden. Zwei Söhne seines ältesten Bruders wurden 1943 standrechtlich erschossen. Gleichzeitig kam es gerade in dieser Situation besonders darauf an, die Gemeinde auf ihren Auftrag hinzuweisen. Daher schrieb er das Buch De gemeente in de wereld (1941), in dem die dogmatischen Grundsatzfragen, mit denen die Kirche sich konfrontiert sah, auf eine undogmatische Weise, aber systematisch im Hinblick auf ihre praktische Anwendbarkeit besprochen wurden. Auch eine Sammlung kraftvoller, biblischer Predigten, die in Alkmaar gehalten worden waren, stammt aus dem Krieg: Gelooft het Evangelie (1944). Eine der illegalen Aktivitäten betraf die Herausgabe des Blattes De vrije Alkmaarder in Verbindung mit der Widerstandsorganisation Vrij Nederland. Nach dem Krieg war Kuiper fast zwei Jahre lang Leiter eines aus Vrij Nederland hervorgegangenen Zentrums für spirituelle Fragen. Die Bevölkerung von der Notwendigkeit zu überzeugen, die Republik Indonesien anzuerkennen, bildete einen der Schwerpunkte seiner Arbeit dort. Nachdem Kuiper das Predigeramt in Amsterdam übernommen hatte, hielt er mit vielen auch außerhalb der Mennonitengemeinden, mit Juden und Christen, enge Kontakte. Dies bezeugen seine vielen Artikel in der Zeitschrift In de Waagschaal, wie auch in anderen Zeitschriften, z. B. Wending. Israel, das ihn schon vor dem Krieg beschäftigte, entwickelte sich mehr und mehr zu einem Brennpunkt seines Denkens. So entstand sein Buch Israel en de Gojim (1951). Auch wurde er Vorsitzender der Stiftung „Die Stimme Israels“.

Frits Kuiper bekannte sich zu seiner biblisch-theologischen Position in Leven uit de hoop (1958). Geschrieben hat er dieses Buch auch, um seine eigene täuferische Position darzulegen. Die →Mennonitische Weltkonferenz in Karlsruhe (1957), wo er einer der Redner war, ließ ihn zur Einsicht gelangen, dass die Täufer „in dieser Zeit mehr denn je etwas zu sagen“ hätten. Das Buch beginnt mit einem Brief an sieben Brüder aus der weltweiten Gemeinschaft der Mennoniten, wobei Harold S. →Bender, den Frits Kuiper sehr schätzte, als erster genannt wird. Zu der in diesem Buch als notwendig erachteten Erneuerung des Glaubens gehörte auch das Eingeständnis der Schuld gegenüber dem jüdischen Volk.

Am stärksten war Kuiper von Franz Rosenzweigs Stern der Erlösung beeindruckt. Rosenzweig half ihm, die Gedanken von Menno Simons und Karl Barth zu ergänzen und zu vertiefen. Über Rosenzweig selbst schrieb er – in einem anonymen, leider nicht preisgekrönten Beitrag für ein Preisausschreiben der Teylers Godgeleerd Genootschap in Haarlem – eine theologische Biographie (1966), die erst nach seinem Tode im Jahre 1996 unter dem Titel Wandeeln mit G'd veröffentlicht wurde.

Was ihn in seinen letzten Lebensjahren am meisten beschäftigte, war das Recht Israels auf einen eigenen Staat. Doch aufgrund des Sechstagekrieges 1967 und des Jom Kippur Krieges 1973 brachte ihn seine uneingeschränkte Loyalität mit dem zionistischen Streben Israels doch in ein Spannungsfeld zu seiner anderen Liebe, dem Sozialismus, in dem Kritik an Israel aufgekommen war. Zu Recht blieb Kuiper bei seiner Auffassung, dass die Völker nur dann teilhaben können an der Geschichte des ganzen Menschengeschlechtes, wenn sie zugleich die Geschichte Israels als Auszug aus Ägypten in das Land ihrer Väter insgesamt bejahten. Die lauen Reaktionen zu diesem Thema innerhalb der niederländischen Mennonitengemeinden waren eine Enttäuschung für Kuiper. Das brachte ihn dazu, eine Satzung für eine Doopsgezinde Vredesgemeente (Mennonitische Friedensgemeinde) zu entwerfen. Das führte jedoch auch zu einer heftigen, emotional geführten Diskussion und einer tragischen Polarisierung, die einen Schatten auf seine letzten Jahre warf. Dieses Leben wurde zur Unzeit nach einem Verkehrsunfall abgebrochen.

Kuiper war nicht nur kein einfacher Pastor, er war auch ein scharfsichtiger und leidenschaftlicher Theologe und ein bekennender Prediger. Mehr als andere Mennoniten beteiligte er sich an der gesellschaftlichen Diskussion über die Rolle der Kirche in Politik und Kultur, ebenso über das Verhältnis von Judentum und Christentum. In alledem setzte er sich dafür ein – auch darin Barthianer -, dass der Vorrang der Bibel in der Geschichte der Mennoniten auch in der neuzeitlichen Gemeinde Geltung erlangen sollte.

Veröffentlichungen (Auswahl)

Neben den bereits oben angeführten Veröffentlichungen: De opstanding. Assen, 1928. - Sovjet-Rusland en het christendom, Amsterdam 1937. - De ware vrijheid: Paulus brief aan de Galaten voor onze tijd, Haarlem 1944. - Zusammen mit Henri van Praag: Het Amsterdams gesprek over Israel, Amsterdam 1952. - Twee dienaars van één Heer: Samuel Muller en Jan de Liefde, Amsterdam 1961. - Met de gemeente de wereld in (1914–1969), Herinneringen van een theoloog, Amsterdam 1969. - Dazu noch zahlreiche Beiträge in Karel de Haan (Red.), Bijbelse perspectieven; doperse documenten rond Zion, Oosterbeek 1998. - Alle G. Hoekema unde Pieter Post (Hg.), Frits Kuiper (1898–1974), Doopsgezind Theoloog. Voordachten en getuigenissen over Kuiper en een selectie van zijn brieven, Hilversum 2016. - Predigten und Artikel u. a. in: Eltheto; Brieven van de Gemeentedagbeweging; In de Waagschaal; Wending; Algemeen Doopsgezind Weekblad; Nieuw Israelitisch Weekblad; In dit Amsterdam. - Eine vollständige Bibliografie liegt in veröffentlichter Form noch nicht vor.

Literatur

H. D. Woelinga, In Memoriam Frits Kuiper, in: Algemeen Doopsgezind Weekblad 29,11, vom 16. 3. 1974. - Ders., in: Doopsgezind Jaarboekje 69, 1975, 7–12, mit einer Bibliografie. - Ders., De theologie van Frits Kuiper', in: Doopsgezinde Bijdragen 3, 1977, 21–32. - Nol Oosterbaan, Verenigd met de Vader, in: In dit Amsterdam, April 1974. - J. M. Welcker in: GAMEO, 1987 (mit Kurzbibliografie)). - J .J. Woltjer, Art. Frits Kuiper, in: Biografisch Woordenboek van Nederland 4, 1944. - K. E. De Haan, Frits Kuiper, dopers denker en bijbels getuige, in: In de Waagschaal X, 1981/2, 391–396. - Ders., Frederik Kuiper, in: Biografisch Lexicon voor de Geschiedenis van het Nederlands Protestantisem 5, 2001, 320–322. - Lineke H.Buijs, Frits Kuiper (1898–1974): kameraad van rood, vriend van de Jood, in: Doopsgezinde Bijdragen 31, 2005, 277–299. - Karel E. de Haan, De terugkeer van de kudde. Biografie van ds. F. Kuiper waarin opgenommen de correspondentie tussen Frits Kuiper en K. H. Miskotte, Middelburg 2014. - Pieter Post, Naar Messians Communisme. Frits Kuiper (1898–1974), doopers theoloog, Gorinchem 2014.

Archivmaterial

Archief im Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis, Amsterdam; Archiv der Mennonitischen Friedensgemeinde, Oosterbeek; Archive der Elspeetsche Vereeniging und Doopsgezinde Vredesgroep im Stadsarchief Amsterdam.

Alle G. Hoekema

 
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