Djojodihardjo, Suhadiweko

geb. am 4. Oktober 1918 in Margorejo, in der Nähe von Tayu (Gebiet um den Berg Muria, nördliches Mitteljava), Java, gest. am 16. September 1988 in Surakarta, Java; Theologe, Prediger und mennonitischer Kirchenführer in Indonesien.

Sein Vater, Sardju Djojohihardjo (gest.1948), arbeitete im Muriagebiet gemeinsam mit dem Missionar Pieter Antonie Jansz als Schulleiter und Prediger. Als beim Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in Europa die Patunggilan Kristen ing Tanah Jawi (die christliche Gemeinschaft auf Java, der damalige Name dieser Kirche) 1940 auf eigenen Beinen stehen musste, wurde Sardju Sekretär der Synode und zwei Jahre später, als die japanische Kriegsmacht Indonesien einnahm, deren Vorsitzender. 1937 war der talentierte Suhadiweko, der die niederländisch sprechenden Schulen durchlaufen hatte, auf die angesehene, gerade erst eingeführte theologische Ausbildungsstätte geschickt worden: die Theologische Hochschule in Batavia (Jakarta). Er gehörte dort zum zweiten Jahrgang der Studenten und erwarb sich eine solide theologische Ausbildung und eine ökumenische Grundeinstellung. Fast alle Studenten aus jenen Jahren spielten später eine wichtige Rolle in der nationalen Ökumene oder wurden zu Führungsgestalten in ihren eigenen Denominationen.

Zurück im Muriagebiet, wo die javanischen Mennoniten ihre Basis hatten, folgte Suhadiweko Djojodihardjo auf seinen Vater als Sekretär der Synode. Für die Kirche waren dies äußerst schwierige Jahre. Zunächst bedrohten Gruppen fanatischer Muslime die schwachen Gemeinden ab 1942. Danach folgte die Zeit des Hungers und der Furcht unter der japanischen Besatzung. Außerdem litt das Land von 1945 bis 1949 unter den Nachwirkungen der niederländischen Kolonialherrschaft. Die Demarkationslinien zwischen den Fronten der niederländischen Truppen und jenen der indonesischen Republik liefen durch das Muriagebiet und an den Grenzen entlang. Die Christen, auch jene im Muriagebiet, wollten gern loyal zur unabhängigen Republik stehen, gleichzeitig fühlten sie sich aber mit den Missionaren verbunden, die ihnen das Evangelium gebracht hatten.

Inzwischen hatte Suhadiweko Djojodihardjo die Ehe mit Armini geschlossen, die einer weitherzigen islamischen Familie in Surakarta (Solo) entstammte. Sie gebar sieben Kinder und stand ihrem Mann stets mit Weisheit und Geduld in seiner schweren Aufgabe zur Seite. In jenen Jahren zeigte der junge Djojodihardjo zunehmend seine Führungsqualitäten. Nach einer kurzen Periode als Chef der regionalen Polizei in den allerersten Jahren der Unabhängigkeit (1945–1948) wurde er nach dem plötzlichen Tod seines Vaters im Jahre 1948 zum Vorsitzenden der Synode der kleinen Gemeinschaft der Mennoniten gewählt, die zum damaligen Zeitpunkt den Namen Gereja Injili di Tanah Jawa (Evangelische Kirche in Java) annahm und nicht mehr als 2000 Mitglieder zählte. In den drei Jahrzehnten, in denen pak (Vater) Djojo seine Kirche leitete, sollte diese bis zur Größe einer für indonesische Verhältnisse mittelgroßen Kirche mit ca. 50.000 Mitgliedern anwachsen und mehr als fünfzig Gemeinden (heute schon mehr als hundert). Neben seiner Aufgabe als Vorsitzender der Synode war Djojodihardjo außerdem Prediger der örtlichen Gemeinde der Distrikthauptstadt Pati und (ab 1965) auch Dozent an der theologischen Hochschule in Pati: Akademi Kristen Wijata Wacana, die Christliche Akademie der Hörer des Wortes.

Djojodihardjo spielte auf einer großen Anzahl von Gebieten eine hervorragende und innovative Rolle: innerhalb seiner eigenen Kirche, innerhalb der nationalen protestantischen Gemeinde, innerhalb der weltweiten Bruderschaft der Mennoniten und dazu auch noch in seinem regionalen Umfeld und in der theologischen Ausbildung. Mit Weitblick stellte er die Weichen für seine Kirche: Es war auch ihm zu verdanken, dass ab 1950 die Anzahl christlicher Schulen erweitert und 1954 das Krankenhaus dieser Kirche in Pakis-Tayu stark vergrößert werden konnte. Unermüdlich bereiste er die Gemeinden, um sie in schweren Zeiten zu ermutigen. Als gleich nach seinem Antritt als Vorsitzender weitgehende Fusionspläne zwischen allen protestantischen Konfessionen aus Mittel- und Ost-Java entwickelt wurden, um als christliche Minderheit eine starke gesellschaftliche Position einnehmen zu können, war er dennoch derjenige, der sich weiter für die Selbstständigkeit seiner Kirche einsetzte. Gleichzeitig nahm er voller Überzeugung seinen Sitz in den nationalen und regionalen ökumenischen Gremien ein. Dazu gehörte ab 1960 auch das Kuratorium der christlichen Lehrerausbildung (jetzt Christliche Universität Satya Wacana) in Salatiga. Ebenfalls war einer der Verwalter der interkirchlichen theologischen Schule Duta Wacana (heute: Christliche Universität Duta Wacana) in Djokjakarta.

Über viele Jahre hin vertrat er ab 1952 die asiatischen Gemeinschaften im Präsidium der Mennonite World Conference, er nahm an nicht weniger als sechs →Mennonitischen Weltkonferenzen teil und hielt 1972 in Curitiba (Brasilien) eine der Hauptansprachen über „Versöhnung durch Leiden“. Durch seine engen Beziehungen zu den europäischen mennonitischen Missionsorganen fühlte er sich auch in Europa zuhause und gleiches galt für die USA, zu denen Kontakte von den vielen Mitarbeitern des →Mennonite Central Committee (MCC) hergestellt worden waren, die im Lauf der Jahre im Rahmen seiner Kirche arbeiteten. Zusammen mit dem indischen Bischof P. J. Malagar wurde er zur treibenden Kraft der Asia Mennonite Conference (→Asien) und hielt auf der ersten asiatischen Generalversammlung 1971 in Dhamtari (A. P., India) einen der Hauptvorträge: „Die gute Nachricht für Asien heute."

Djojodihardjo hatte ein offenes Auge für die Notwendigkeit, die Gesellschaft zu entwickeln. So konnte sich seine Kirche, zugleich durch die Initiativen des MCC, für die agrarische Dorfentwicklung einsetzen. Von 1950 bis 1956 war er Abgeordneter im Distriktparlament für die damals noch bestehende christliche Partei Pargindo. Später, von 1977 bis 1987, hatte er einen Sitz im nationalen Beirat der Partei Golkar. Sein Interesse an der Gesellschaft wurde auch an seinem theologischen Spezialgebiet sichtbar: der Ethik. Bereits 1952 schrieb er auf Bitten der Regierung für den Schulgebrauch zwei Ethik-Bücher, in denen er philosophische, religiöse und gesellschaftliche Aspekte erläuterte. Später befasste er sich mit Themen wie: „Kirche in jungen Nationen“, „die verantwortliche Kirche“, Familienplanung, Versöhnung und Führungsfunktionen.

Praktische Versöhnung war besonders in den Jahren nach 1965 außerordentlich wichtig, als Indonesien von einem blutigen und traumatisierenden Bürgerkrieg heimgesucht wurde, dem besonders die Kommunisten über lange Zeit zum Opfer fielen. An der Akademi Kristen Wijata Wacana lehrte er Ethik und systematische Theologie. Von Jugend an war Djojodihardjo interessiert an javanischer Mystik, und in seinem katechetischen Unterricht machte er auch Gebrauch von den großen javanischen Weisheitserzählungen des neunzehnten Jahrhunderts. Mehrere Male beteiligte er sich an nächtlichen Diskussionen mit bekannten javanischen Mystikern. In seinen späteren Jahren hatte er auch ein offenes Ohr für die charismatischen Aspekte der christlichen Kirche und ließ sich manchmal durch den Geist zur Zungenrede führen. Auch wurde er oft an ein Krankenbett gerufen, um im Gebet um Heilung zu bitten.

Seine letzten Jahre als Vorsitzender seiner Kirche waren nicht nur einfach. Eine jüngere Generation von Predigern war bereit und willens, seinen Platz einzunehmen. Aus einer Reihe von Gründen, über die er nicht öffentlich redete, war es für ihn schwer, seinen Vorsitz an andere abzugeben. Das alles führte zu Spannungen, deren er nicht mehr ganz Herr wurde. 1982 besuchte er Europa zum letzten Mal. 1983 trat er zurück, er blieb jedoch in verschiedenen ökumenischen Leitungsgremien weiterhin aktiv.

Schriften und Interviews

Ethika. Diterbitkan untuk K.P.U. Dari Djawatan Pendidikan Masjarakat Kementerian P. P. Dan K. Penerbit Mahabarata. Teil I., 1952; Teil II. - Die Muria-Gemeinden auf Java, in: DER MENNONIT 10, 1956, 150; ebenfalls veröffentlicht als „Die Mennonitengemeinden im Muria-Gebiet auf Java“, in: Mennonitischer Gemeindekalender 57, 1957, 65–68 (etwas abweichende Übersetzung). - Der Dienst der Mennonitengemeinde im Namen Christi an den Brüdern, in: Das Evangelium von Christus in der Welt. Vorträge und Verhandlungen der sechsten Mennonitischen Weltkonferenz vom 10. bis 16. August 1957 in Karlsruhe, Deutschland. Karlsruhe 1958, 23–27. - Report from Indonesia, in: The Lordship of Christ. Proceedings of the Seventh Mennonite World Conference, Kitchener, Ontario, Canada, August 1–7, 1962, hg. Von C. J. Dyck, Elkhart, Ind., 1962, 269–271. - The Church in the New Nations. A Symposium., in: The Lordship of Christ, 480–483. - L. Laurense, Interview met Ds. Djojodjiharto, in: Algemeen Doopsgezind Weekblad, vom 13. 12. 1966). - The Holy Spirit and the Suffering Church, in: The Witness of the Holy Spirit. Proceedings of the Eigth Mennonite World Conference 1967 in Amsterdam, Amsterdam 1967, 79–80. - The Good News for Asia Today. Paper presented at the First Asia Mennonite Conference, October 12–18, 1971, Dhamtari, India. Typoscript, nicht veröffentlicht, 9 S. - Reconciliation through Suffering, in: Jesus Christ Reconciles. Proceedings of the Nineth Mennonite World Conference in Curitiba, Brasil, July 18–23, 1972, Curitiba 1972, 41–47. - Tien vragen aan Ds. Djojodihardjo, in: Algemeen Doopsgezind Weekblad (vom November 1982); ebenfalls veröffentlicht in: 25 Jaar Doopsgezinde Zendings Raad, hg. vom Doopsgezinde Zendings Raad), 1983, 18–23; in der Übersetzung „Reflections on the Mennonite Church in Java“, in: Mission Focus 13/2 (Juni 1985), 20–21.

Literatur

Cornelius J. Dyck, Suhadiweko Djojodihardjo, in: Twelve Becoming. Biographies of Mennonite Disciples from the Sixteenth to the Twentieth Century, Newton, KA,1973, 119–126. - Lawrence M. Yoder, Soehadiweko Djojodihardjo, in: Mennonite Encyclopedia V, 1990, 839–840. - S. Brotosudarmo, In Memoriam: Pendeta S. Djojodihardjo, in: Berita Oikoumene 148, Okt. 1988,13. - Alle Hoekema, In Memoriam: Suhadiweko Djojodihardjo, in: Algemeen Doopsgezind Weekblad, vom 1. Oktober 1988; übersetzt: Bruder Hadi – Vater Djojo †, in: Der Zionspilger, vom 6. Nov. 1988, 178; ebenfalls: Indonesische Kirche verlor langjährigen Leiter: Pak Djojo gestorben, in: Mennonitisches Gemeindeblatt, 11, 1988, 173–174; ebenfalls: En mémoire de Suhadiweko (Hadi) Djojodihardjo, in: Christ Seul, Okt. 1988, 14–15.

Alle G. Hoekema

 
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