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Arbeitsstelle Theologie der Friedenskirchen (Universität Hamburg)

Die Arbeitsstelle Theologie der Friedenskirchen (ATF) ist eine seit 2006 bestehende Einrichtung der Universität Hamburg innerhalb des Fachbereichs Evangelische Theologie (https://www.theologie.uni-hamburg.de/einrichtungen/arbeitsstellen/friedenskirche). Dr. h.c. Annelie Kümpers-Greve (1946–2017), Mitglied der Mennonitengemeinde zu →Hamburg und Altona, gilt als die entscheidende Initiatorin und Förderin der ATF. Während der ersten fünf Jahre (2006–2010) wurde die ATF von der „Hamburgischen Stiftung Helmut und Hannelore Greve“ finanziert. Seither übernahm die Förderstiftung der →Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland (AMG) die Finanzierung. Zur inhaltlichen und organisatorischen Beratung wurde eigens ein ATF-Kuratorium ins Leben gerufen.

1. Forschungsschwerpunkt

Die Aufgabe der ATF besteht in der systematisch-theologischen Erforschung, Durchdringung und Weiterentwicklung einer Friedenstheologie und -ethik im weitesten Sinne. Sie untersucht diese im Kontext ökumenischer und interreligiöser Fragestellungen und arbeitet dabei verstärkt die Beiträge aus der Tradition der historischen Friedenskirchen heraus (s. Bibliografie).

Unter dem Begriff „historische Friedenskirchen“ werden jene evangelischen Freikirchen der →Mennoniten, der →Quäker („Religiöse Gesellschaft der Freunde“) und der Church of the Brethren (→Kirche der Brüder) zusammengefasst. Gewaltfreiheit ist in diesen Traditionen nicht nur wesensmäßiges Element einer theologischen Ethik, sondern zugleich ein regulatives Prinzip allen theologischen Denkens. Daraus ergeben sich genuine theologische Ansätze, nicht nur zu den theologischen Hauptthemen Gottesbild, Christologie, Ekklesiologie und Eschatologie, sondern insbesondere zu Fragen einer theologischen Ethik aus der Perspektive des christlichen Glaubens.

Mit diesem Forschungsschwerpunkt werden vielfältige Positionen der theologischen Disziplinen miteinander ins Gespräch gebracht: Mithilfe der biblischen Exegese wird nach orientierenden Grundlagentexten des Alten und Neuen Testaments gefragt; klassische Texte der Theologie und Philosophie, die wirkungsgeschichtlich prägende Positionen hervorgebracht haben, werden untersucht; systematisch-theologische und ethische Reflexionen werden erörtert und deren Implikationen für gegenwärtige gesellschaftliche Herausforderungen in Gesellschaft, Ökumene und im interreligiösen Zusammenleben erforscht.

2. Kooperation mit anderen Fachdisziplinen

In ihrer interdisziplinären Ausrichtung sucht die ATF die Kooperation mit anderen Fachdisziplinen, Instituten und Einrichtungen: in Hamburg insbesondere mit der Akademie der Weltreligionen der Universität Hamburg, dem Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, der Missionsakademie an der Universität Hamburg sowie dem katholischen Institut für Theologie und Frieden. Zudem wurde ein interdisziplinärer Arbeitskreis „Peacebuilding“ eingerichtet, der fächerübergreifend ein eigenständiges Curriculum zur Friedensbildung und -erziehung anbietet sowie regelmäßig interdisziplinäre Summer-Schools mit renommierten internationalen Expertinnen und Experten aus der Friedens- und Konfliktforschung veranstaltet.

3. Beteiligung an Lehre und an Studien des Ökumenischen Rates der Kirchen

In der Lehre werden diese Inhalte im größeren Zusammenhang der Systematischen Theologie sowie der Ökumenik vermittelt. Da die Lehrveranstaltungen der ATF Teil des offiziellen Curriculums des Fachbereichs Ev. Theologie sind, nehmen hier vorwiegend Theologiestudierende aus ev. Landeskirchen teil, vereinzelt auch aus den ev. Freikirchen. Die ATF betreut mennonitische Theologiestudierende in Deutschland im Auftrag der AMG, unabhängig von deren Studienort. Zum regelmäßigen Austausch wird jährlich ein Europäisches Mennonitisches Studierendentreffen gemeinsam mit den mennonitischen Konferenzen Frankreichs, der Niederlande und der Schweiz organisiert.

International beteiligt sich die ATF federführend an verschiedenen Studien des Ökumenischen Rates der Kirchen, so während der „Dekade zur Überwindung von Gewalt. 2001–2010“ (Enns und Mosher, Just Peace) der Internationalen Ökumenischen Friedenskonvokation (Jamaika 2011), seit der letzten ÖRK-Vollversammlung (Busan/Südkorea 2013) an dem übergreifenden Programm „Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens“ (Durber und Enns, Walking Together).

All dies macht die Einmaligkeit dieser ATF in der deutschen Universitätslandschaft aus. Obwohl auch früher bereits Mennoniten vereinzelt an Theologischen Fakultäten in Deutschland unterrichtet haben, war die Theologie der historischen Friedenskirchen bis zur Einrichtung der ATF in der deutschen Forschungslandschaft nicht mit einer eigenen akademischen Einrichtung vertreten. In Europa sind das →Doopsgezind Seminarium an der Vrije Universiteit Amsterdam und das Theologische Seminar →Bienenberg (bei Basel) die einzigen theologischen Schulen mit dieser konfessionellen Ausrichtung. Theologie und theologische Ethik aus der Perspektive dieser ältesten evangelischen Freikirche der Reformation wurde bis dahin vorwiegend in Nordamerika und Kanada erforscht und gelehrt. Zu diesen unterhält die ATF enge Forschungskontakte.

4. Menno-Simons-Predigtpreis und mennoForum

In enger Kooperation mit der Mennonitengemeinde zu Hamburg und Altona verleiht die ATF jährlich den Menno-Simons-Predigtpreis (https://www.theologie.uni-hamburg.de/einrichtungen/arbeitsstellen/friedenskirche/menno-simons-predigtpreis.html) und veranstaltet regelmäßig das öffentliche mennoForum zu aktuellen gesellschaftlichen Themen (http://mennoforum-hamburg.de).

5. Leitung und Mitarbeiter(innen)

Seit Bestehen der ATF leitet Prof. Dr. Fernando Enns (menn.) diese Einrichtung, zunächst vollzeitig, seit 2011 parallel zu seiner Professur an der Vrije Universiteit in Amsterdam. Wissenschaftliche Mitarbeiter waren bisher Stephan von Twardowski (meth.), Dr. Joel Driedger (menn.), Jonas Widmer (menn.), Dr. Jonathan Seiling (menn.) und seit 2016 Julia Freund (luth.). Ab Oktober 2017 verstärkt Dr. Marie Anne Subklew, von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland abgeordnete Pastorin, das wissenschaftliche Team der ATF.

Bibliografie

Fernando Enns (Hg.), Heilung der Erinnerungen – befreit zur gemeinsamen Zukunft. Mennoniten im Dialog. Berichte und Texte ökumenischer Gespräche auf nationaler und internationaler Ebene, Frankfurt/M. 2008. - Ders., Ökumene und Frieden. Bewährungsfelder ökumenischer Theologie. Theologische Anstöße, Bd. 4, Neukirchen-Vluyn 2012. - Fernando Enns und Jonathan Seiling, (Hg.), Mennonites in Dialogue. Official Reports from International and National Ecumenical Encounters 1975–2012, Eugene (OR) 2015. - Fernando Enns und Wolfram Weiße, (Hg.), Gewaltfreiheit und Gewalt in den Religionen. Politische und theologische Herausforderungen. Religionen im Dialog, Bd. 9, Münster 2016. - Fernando Enns und Annette Mosher (Hg.), Just Peace. Ecumenical, Intercultural, and Interdisciplinary Perspectives, Eugene (OR), 2013. - Susan Durber und Fernando Enns (Hg.), Walking Together. Theological Interpretations of the Ecumenical Pilgrimage of Justice and Peace, Genf 2017.

Fernando Enns

loc/atf_arbeitsstelle_theologie_der_friedenskirchen.txt · Zuletzt geändert: 2024/06/28 17:33 von 127.0.0.1

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