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Spittelmaier, Johannes

geb. vor 1500 in Straubing (Bayern), Deutschland, gest. nach 1535; Pfarrer in Nikolsburg (Mikulov), Mähren, Täuferprediger.

Ein „Ioannes Spitelmair“ aus Straubing wurde am 7. November 1514 an der Universität Ingolstadt immatrikuliert. Da an der dortigen theologischen Fakultät von 1512 bis 1516 Balthasar →Hubmaier wirkte, legt sich die Identifizierung des Straubingers mit dem späteren Nikolsburger Anhänger Hubmaiers nahe. Die Bekanntschaft der beiden Männer dürfte in diesem Fall bereits in die Zeit vor deren Hinwendung zum Täufertum zurückreichen. Hinweise auf eine Verwandtschaft zwischen Johannes Spittelmaier und dem aus dem oberösterreichischen Linz stammenden Täuferprediger Ambrosius Spittelmaier (ca. 1497–1528), einem Anhänger Hans →Huts, liegen nicht vor.

Spittelmaier empfing die Priesterweihe und begegnet erst zehn Jahre nach seiner Ingolstädter Immatrikulation wieder als Geistlicher im damals deutschsprachigen Süden der Markgrafschaft Mähren. Die Übersiedlung dorthin muß nicht in einem Zusammenhang mit reformatorischer Gesinnung stehen, denn seit jeher stammte ein erheblicher Teil des deutschsprachigen Klerus in Südmähren aus dem bayerisch-österreichischen Raum. In einer auf den 6. März 1524 datierten Flugschrift, einer heftigen Polemik gegen die Franziskaner im niederösterreichischen Feldsberg (heute Valtice, Tschechische Republik) unweit von Nikolsburg bezeichnet sich Spittelmaier als Nikolsburger „Prediger“ und in der Vorrede an die Nikolsburger Grundherren Leonhard und Hans von Liechtenstein formelhaft als deren „untertäniger Kaplan“. Seine amtliche Stellung scheint allerdings, wie Quellen aus den Jahren 1527/28 bezeugen, die des Pfarrers an der Nikolsburger Pfarrkirche St. Wenzel gewesen zu sein. Im Streit mit den Feldsberger Mönchen sprach sich Spittelmaier mit gängigen frühreformatorischen Argumentationen gegen Werkgerechtigkeit, Mönchsstand, Heiligenkult und vor allem die Ohrenbeichte aus, offenbar kannte er Schriften Martin →Luthers. Die von den Liechtensteinern unterstützten Provokationen des evangelisch gesinnten lokalen Pfarrklerus gegen das Feldsberger Kloster führten einige Jahre später zu dessen Aufgabe durch den Orden. Während Hubmaiers kurzem Wirkens in Nikolsburg vom Sommer 1526 bis zum Sommer 1527 gehörte Spittelmaier neben dem Nikolsburger Prediger Oswald Glaidt und dem ehemaligen Weihbischof Martin Göschl zu dessen Mitarbeitern bei der Durchführung einer lokalen täuferischen Reformation. An der Nikolsburger Disputation zwischen Hubmaier und Hans Hut im Mai 1527 nahm Spittelmaier neben Göschl auf Hubmaiers Seite teil, während Glaidt von Hut gewonnen wurde und mit diesem kurz darauf aus Nikolsburg floh.

Nach Hubmaiers Verhaftung nahm Spittelmaier eine führende Stellung in der kleinen, lediglich die Kirchspiele der Grundherrschaft Nikolsburg umfassenden Täuferkirche ein. Am 19. März 1528 versuchte er im Auftrag der Liechtensteiner vergeblich, durch eine Disputation in Bergen (Perná) die Abspaltung einer von Hans Hut beeinflussten Gruppe um Jakob Widemann und Philipp Jäger von der Nikolsburger Kirche zu verhindern. Die Hut-Anhänger verließen die Grundherrschaft und gründeten in Austerlitz eine separatistische Täufergemeinde, die zahlreiche auswärtige Glaubensflüchtlinge anzog und zum Ausgangspunkt der separatistischen Gruppenbildung im mährischen Täufertum wurde (→Mähren). Welchen Standpunkt Spittelmaier in der zwischen 1529 und 1532 bezeugten Sabbat-Kontroverse einnahm, in deren Verlauf einer der Prediger der Nikolsburger Täuferkirche, Andreas →Fischer, mit biblizistischen Argumentationen die Feier des Sabbats anstelle des Sonntags forderte, ist nicht eindeutig (→Sabbater). Jedoch lassen die gegen die Sabbatobservanz gerichteten Gutachten, die die Herren von Liechtenstein von Wolfgang →Capito, Caspar →Schwenckfeld und Valentin Krautwald angefordert hatten, vermuten, dass die Nikolsburger Prediger auf der Seite Fischers standen. In einem Glaubensbekenntnis der Nikolsburger Täuferkirche vom 10. Juni 1535 findet sich unter den fünf unterzeichnenden Predigern der Pfarrkirchen der Grundherrschaft Nikolsburg jedenfalls auch Spittelmaier als Prediger in Nikolsburg neben Andreas Fischer als Prediger in Pollau (Pavlov). Das Bekenntnis ist im Sinne der Theologie Hubmaiers gehalten und bezeugt, dass dessen Einfluss auch noch sieben Jahre nach seiner Verhaftung für die Nikolsburger Täuferkirche prägend blieb. Auf Befehl Ferdinands I. wurden die täuferischen Prädikanten der Nikolsburger Pfarrkirchen anscheinend im Sommer 1535 abgesetzt. Das weitere Schicksal Spittelmaiers ist unbekannt.

Schriften

Entschuldigung Jo=|annis Spitelmayer prediger | zu Nicolspurg/ von wegen | etlicher artickeln/ jme von | de(m) Clo(e)ster d(er) stat Veld=| sperg sund(er)lich feindt | des creutz Christi/| an alle vrsach | zuegemes=|sen.| [Wien: Johannes Singriener, 1524]. Exemplare: Wien, Österreichische Nationalbibliothek; Goshen, Mennonite Historical Library. - Johannes Spittelmaier möglicherweise Mitverfasser: Bekantnus und rechenschafft der getauffte in den namen Jesu Cristi, zu Nicolspurg und umb den Stain bey obgemelten Nicolspurg (10. Juni 1535), Handschrift: Bratislava, UK, XXI F 19028.

Weitere Quellen

Gunnar Westin, Torsten Bergsten (Hg.), Balthasar Hubmaier, Schriften, Gütersloh 1962, 288. - Gottfried Seebaß, Müntzers Erbe. Werk, Leben und Theologie des Hans Hut, Gütersloh 2002, 524. - Josef Beck (Hg.), Die Geschichts-Bücher der Wiedertäufer in Oesterreich-Ungarn, Wien 1883, 49–52. - Andreas Johannes Friedrich Zieglschmid (Hg.), Die älteste Chronik der Hutterischen Brüder, Ithaca, New York, 1943, 50–53, 86.

Literatur

Robert Friedmann, Art. „Spittelmaier, Hans“, ML IV, 226. - Torsten Bergsten, Balthasar Hubmaier. Seine Stellung zu Reformation und Täufertum 1521–1528, Kassel 1961, 399–401, 483–484. - Jarold K. Zeman, The Anabaptists and the Czech Brethren in Moravia 1526–1528. A Study of Origins and Contacts, The Hague und Paris 1969, 84–91, 186–193. - Werner O. Packull, Hutterite Beginnings. Communitarian Experiments during the Reformation, Baltimore und London 1995, 61, 139, 340, 360. - Martin Rothkegel, Anabaptism in Moravia and Silesia, in: John Roth, James Stayer (Hg.), A Companion to Anabaptism and Spiritualism, 1521–1700. Leiden 2006, 163–215, dort: 165–182.

Martin Rothkegel

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