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Quiring, (Jakob) Walter

geb. am 20. Juli 1893 in Friedensliebe oder Ljubomirowka Borissowo, Russland, gest. am 17. Januar 1983 in Calw-Neumaden, Deutschland; Lehrer, Redakteur und Autor.

Walter Quiring besuchte die Zentralschule in Pretoria, Orenburg (1908–1911) und das Lehrerseminar in Chortitza (1911–1913). Anschließend unterrichtete er an der Grundschule in Dolinovka, Orenburg (1913–1914) Von 1914 bis 1917 arbeitete er als Sanitäter in der 9. Kaukasischen Sanitätskolonne des russischen Roten Kreuzes mit Einsätzen in Persien, der Türkei und in Tiflis. Danach kehrte er an die Schule in Dlinovka zurück (1918–1921), zwischen 1919 und 1921 als Schulrat für 26 deutsche Schulen im Gebiet von Orenburg. Bereits 1921 floh er mit falschen Papieren über Moskau und St. Petersburg nach Swinemünde in Deutschland (s. seinen Bericht in Mennonitische Warte 1936–1937) und arbeitete zunächst in der Deutschen Mennonitischen Hilfe (1921/1922). Hier nahm er sein Studium an den Universitäten in Leipzig (1922- 1924) auf und setzte es in München und Berlin fort. Mit einer Dissertation über das Mennonitenplatt (→Plautdietsch) in der Ukraine schloss er es 1927 in München ab.  Nachdem er vier Jahre als Lehrer für Deutsch, Geschichte und Erdkunde am Landerziehungsheim in Salem, Baden, gearbeitet hatte (1927–1931), wurde er Schulleiter des Landerziehungsheims Schloss Hohenfels am Bodensee (1931–1932). 1928 wurde er deutscher Staatsbürger.

In Südamerika wurde er durch seine beiden Bücher Deutsche erschließen den Chaco (1936) und Russlanddeutsche suchen eine Heimat (1952) bekannt, die ein Ergebnis seiner zweijährigen Studienreise nach Nord- und Südamerika Anfang der dreißiger Jahre waren (1932–1933).

1936–1937  unternahm er eine zweite Reise nach Südamerika, um ein Buch über die mennonitischen Urwaldbauern in Brasilien zu schreiben. Aber das Buch wurde nicht veröffentlicht. Benjamin H. →Unruh berichtet davon, einige Teile daraus gelesen zu haben. Doch es blieb wohl bei der Materialsammlung.

1938 wurde Walter Quiring an das Deutsche Ausland-Institut in Stuttgart berufen und blieb in dessen Diensten bis 1941. Anschließend wurde er in die deutsche Wehrmacht einberufen und arbeitete auf verschiedenen Stellen als Dolmetscher, Pressereferent und Propagandist, zuletzt in leitender Position im SS-Umsiedlungskommando in Kovno, Litauen. Beim Zusammenbruch des Deutschen Reiches geriet er in amerikanische und englische Kriegsgefangenschaft, wurde aber bereits im Juli 1945 als ehemaliger Lehrer entlassen. 

1952 kam Quiring nach Kanada und war von 1955 bis 1963 Redakteur der Gemeindezeitschrift Der Bote in Rosthern, Saskatchewan. 1952 bereiste er nochmals die mennonitischen Siedlungen in Südamerika und besuchte 1953 auch die Mennoniten in Mexiko. Das Ergebnis dieser Reisen war der Bildband Im Schweiße deines Angesichts (1953). Ein zweiter Bildband folgte 1963, den er in Zusammenarbeit mit der Graphikerin Helen Bartel erstellt hatte und der den Titel trägt: Als ihre Zeit erfüllt war. 150 Jahre Bewährung in Russland.

Nach dem Tode seiner ersten Frau heiratete Quiring 1965 Helen Bartel. Mit ihr machte er mehrere Reisen nach Südamerika. Sie starb 1970. Im darauffolgenden Jahr kehrte er nach Deutschland zurück und heiratete Maria Kathrin von Strotha, die er vom Deutschen Auslandinstitut her kannte. Nach ihrem Tode 1982 wollte er sich endgültig in Kanada niederlassen. Dazu kam es nicht mehr. Er starb am 17. Januar 1983.

Walter Quiring hatte zeitlebens eine große Liebe zur deutschen Sprache und Kultur. Nachdem Hitler 1933 an die Macht gekommen war, ordnete er sich in die Reihen derjenigen ein, die das nationalsozialistische Gedankengut als Rettung für Deutschland ansahen. 1934 änderte er seinen Namen Jakob in Walter, um sich auch darin von den Juden zu distanzieren. Trotz mancher Meinungsschwierigkeiten und Kritik am schroffen Umgangston Quirings versuchte Benjamin Unruh, ihm ein Freund zu sein, der wie dieser politisch zum neuen Deutschland steht und ihm hilft, „zum Christentum eine positive Beziehung zu finden“. Unter den Mennoniten in Brasilien, so meinte Unruh, habe Quiring den „Augiasstall ausmisten helfen“, gemeint waren damit die antideutschen Ressentiments der Mennoniten (B. H. Unruh, Bericht Nr. 7, vom 4. 7. 1937). In Paraguay warb Quiring in Vorträgen und Zeitungsartikeln für den Nationalsozialismus, und in Kanada stritt er sich mit B. B. Janz darüber, ob die russlanddeutschen Mennoniten holländischer oder deutscher Abstammung seien. Fehler der Vergangenheit wollte er nicht einsehen, und den evangelikalen Einfluss unter den Mennoniten mit Betonung auf Buße und Vergebung lehnte er ab. In seiner Arbeit als Lehrer und als Redakteur legte er großen Wert auf Qualität, Disziplin und hohen kulturellen Standard.

Veröffentlichungen

Die Mundart von Chortitza in Südrussland, München 1928. - Deutsche erschließen den Chaco, Karlsruhe 1936. - Russlanddeutsche suchen eine Heimat: Die deutsche Einwanderung in den paraguayischen Chaco. Karlsruhe 1938. - Im Schweisse deines Angesichts, Steinbach, Manitoba 1953. - Gemeinsam mit Helen Bartel, Als ihre Zeit erfüllt war, (Selbstverlag) Saskatoon, Kanada, 1963.

Literatur

Ted Regehr, Walter Quiring (1893 – 1983), in: Harry Loewen (Hg.), Sheperds, Servants and Prophets. Leadership among the Russian Mennonites (1880 – 1960), Kitchener, Ont., 2003, 313 ff. - John D. Thiesen, Mennonite and Nazi. Attitudes Among Mennonite Colonists in Latin America 1933 – 1945, Studies in Anabaptist and Mennonite Studies 37, Kitchener, Ont. 1999. - Jonathan F. Wagner, Brothers Beyond the sea. National Socialism in Canada, Waterloo, Ont., 1981.

Jakob Warkentin

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