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Penner, David Johann

geb. am (9.) 22. August 1904 in Chortitza (Südukraine), Russland, gest. am 17. Februar 1993 in Wladimir, Russland; Schriftsteller, Physiklehrer in Wladimir.

David Penner entstammte einer alten Mennonitenfamilie in Chortitza. Sein Vater, Johann Penner, war Lehrer (1889–1893) an der dortigen Zentralschule, wurde aber entlassen, als den mennonitischen Gemeindeältesten bekannt wurde, dass er seine Schüler über die Grundlagen der Darwinschen Evolutionstheorie informiert habe. Danach arbeitete er fünfzehn Jahre als Sekretär (Schriftführer) im Büro des Forsteidienstes. In dieser Zeit bekehrte sich der Vater, trat der mennonitischen Brüdergemeinde bei und war eine Zeit lang als Reiseprediger angestellt.

1910 zog die Familie nach Millerowo, wo der Vater eine Anstellung als Lehrer in einer mennonitischen Fabrikschule annahm. In Millerowo gab es eine kleine mennonitische Gesellschaft von Mühlenbesitzern (Dyck, DeFehr, Martens) und Mitarbeitern von etwa 250–300 Personen. Hier erlebte der David Penner seine Kindheits- und Jugendjahre.

Ab 1919 stellte er den obligatorischen Besuch der Gottesdienste ein. Unter dem Einfluss seines ältesten Bruders Johann wurde er Atheist.

Von 1924 bis 1925 studierte er an der Universität Rostow, danach an der II. Moskauer Universität. Nach dem Examen wurde er 1930 Physiklehrer. Während des Studiums in Moskau arbeitete er im Redaktionskomitee der Deutschen Zentral Zeitung (1926–1930), der Zeitung der deutschen Abteilung der KPdSU (erschienen 1926–1938). Penner selbst wurde nie Mitglied der Kommunistischen Partei.

Nach dem Abschluss seines Studiums unterrichtete Penner an Hochschulen in Odessa (1930–1932) und Moskau (1932–1936); 1936 – bis Juli 1941 war er Lehrer für Physik und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Moskauer Universität (Mitarbeiter im Labor Arkadjews).

Nach Kriegsbeginn wurde er eingezogen und diente bis Anfang Oktober in der Roten Armee. Zu der Zeit wurden alle Soldaten und Offiziere deutscher und anderer westlicher Nationalitäten aus der Roten Armee an die Arbeitsfront (Trudarmiia) ins Hinterland abtransportiert. Penner kam zuerst ins Stahlwerk in Magnitogorsk, danach nach Isil-Kul' im Omsk Gebiet und zuletzt nach Prokopjewsk in den Kohlebergbau.

Nach dem Krieg unterrichtete er 1945–1950 in Prokopjewsk. 1950–1964 war er Lehrer an einem Pädagogischen Institut in Swerdlowsk (heute Ekaterinburg). Ab 1964 bis kurz vor seinem Tode war er Professor und (seit 1965) Leiter des Lehrstuhls für theoretische Physik an der Pädagogischen Hochschule in Wladimir (Russland). Als einer der beliebtesten Lehrer der Hochschule erhielt er die Uschinski-Medaille (Uschinksii war der bedeutendste russische Pädagoge des 19. Jahrhunderts). Penner verfasste mehrere Lehrbücher über Physik und Elektrodynamik für Hochschulen, sowie über hundert Beiträge in verschiedenen wissenschaftlichen Zeitschriften.

Er verfasste 1930 zwei kritische Monografien (eine auf Russisch, die zweite auf Deutsch) über die Mennoniten. Das 85-seitige russische Heft erschien im Frühjahr 1930 unter seinen Decknamen ‚A. Reinmarus' zusammen mit seinem Mitarbeiter an der Deutschen Zentral Zeitung, Heinrich Friesen. Das längere 172-seitige Buch „Anti-Menno“ erschien ebenfalls unter dem Namen ‚A. Reinmarus'. Es waren dies die ersten „weltlichen“ Beiträge zur Geschichte der Mennoniten Russlands – alle früheren Bücher wurden von mennonitischen Predigern geschrieben. Penner behauptete, seine Schrift sei der erste Versuch, das Wesen und Wirken des Mennonitentums in Russland unvoreingenommen und objektiv darzustellen. Im nächsten Satz steht, dass es mit Hilfe des historischen Materialismus geschrieben wurde – also nicht „objektiv“ – sondern als Streitschrift zum Aufbau des Sozialismus und zur Förderung des Klassenkampfes in den mennonitischen Siedlungen. Dieses Buch wurde mit einer tiefen Leidenschaft und mit Wut geschrieben. Penner schreckte nicht vor Übertreibungen und Fehldeutungen der Quellen zurück, um sein Ziel zu erreichen. Dennoch bleibt der Anti-Menno ein wertvolles Zeugnis und zwingt uns heute noch, unser Bild von der mennonitischen Gesellschaft in Russland zu überdenken.

Publikationen

[A. Reinmarus und H. Friesen], Mennoniti, Moskau, 1930. - [A. Reinmarus], Anti Menno. Beiträge zur Geschichte der Mennoniten in Russland, Moskau, 1930. - Güldendorf: ein deutsches Stürmer-Kollektiv, Kharkov, 1932. - Naturwissenschaftliche Plaudereien, Alma-Ata, 1972. - Im mennonitischen Rom – Chortitza, in: Deutsche Zentral Zeitung, 23. Sept. 1931. - Prokopjewsk, Arbeitsarmee (Erinnerungen), Heimatliche Weiten 1/1989, 236–263; Kindheit und Jugend, Heimatliche Weiten 2/1989, 164–228.

Literatur

P. Rikert, David Penner, Lehrer und Propagandist, in: Neues Leben, 1. Mai 1964. - Peter Letkemann, David Johann Penner [A. Reinmarus]: A Mennonite Anti-Menno (1904–1993), in: Harry Loewen (Hg.), Shepherds, Servants and Prophets. Leadership among the Russian Mennonites (ca. 1880–1960), Kitchener, Ont., 2003, 297–311.

Peter Letkemann

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