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Peachey, Paul

geb. am 10. Oktober 1918 in Somerset County, Pennsylvania, USA, gest. am 18. August 2012 in Harrisonburg (Virginia), USA; von 1950 bis 1952 Direktor des →Mennonite Central Committee (MCC) für Deutschland, Soziologe an der Catholic University of America, Washington, D. C.

Paul Peachey war das zweite Kind von zehn Kindern des Ehepaars Shem und Salome Bender Peachey. Die Familie gehörte einer konservativen amischen Gemeinde an. Er half zunächst im Familienbetrieb mit und sollte auf der elterlichen Farm bleiben. Als die USA 1939 in den Zweiten Weltkrieg eintraten, ließ Paul Peachey sich als Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen registrieren und schrieb sich im Herbst 1941 am Eastern Mennonite College in Harrisonburg (Virginia) ein. Er war als Ersatzdienstleistender eingestuft und vom Kriegsdienst befreit worden. Hier begegnete er Ellen Shenk aus Denbigh, Virginia, und heirate sie 1945. Da er keinen Kriegsdienst leisten musste, fühlte er sich verpflichtet, nach dem Abschluss des Studiums 1945 in den Dienst eines kirchlichen Hilfswerks einzutreten. Das Ehepaar wurde vom MCC beauftragt, diesen Dienst ab Februar 1946 in Europa anzutreten, zunächst in Belgien und dann in Deutschland (Pfalz).

1950 wurde er Direktor des MCC für Deutschland, wo er das Notprogramm des Hilfswerks leitete. Er nahm an zahlreichen intermennonitischen und ökumenischen Konferenzen und Aktivitäten teil, wurde in die Gespräche der Historischen Friedenskirchen mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen und auch mit der Church Peace Mission einbezogen und war auch daran beteiligt, die bedeutende Erklärung der Historischen Friedenskirchen Peace ist he Will of God zu entwerfen. Diese Diskussionen führten bald zu den so genannten „Puidoux Konferenzen“ (1955–1969), den Gesprächen um Krieg und Frieden mit Vertretern der evangelischen Landeskirchen. Auch daran war Paul Peachey beteiligt. Mit anderen Mitarbeitern des MCC setzte er sich für die von diesem Hilfswerk geförderten Freiwilligen Arbeitslager ein, die ihre Arbeit im Aufbau von Siedlungen für Flüchtlinge in Espelkamp (Westfalen) aufnahmen und sich zum Europäischen Mennonitischen Freiwilligendienst wie zum Pax-Programm (1951) weiter entwickelten, unter deren Beteiligung weitere Siedlungen in Westdeutschland entstanden. Auch war er Gründungsmitglied der „Concern-Gruppe“ in Amsterdam (Juli 1952), einer Gruppe nordamerikanischer Studenten und Doktoranden in Europa; in der Mitte desselben Jahres wechselte er nach Zürich in der Schweiz über, um an der dortigen Universität Soziologie zu studieren. Er wurde von dem Kirchenhistoriker Fritz Blanke betreut und 1954 mit einer Dissertation über Die soziale Herkunft der Schweizer Täufer in der Reformationszeit promoviert (veröffentlicht in der Schriftenreihe des Mennonitischen Geschichtsvereins 1954).

Schon 1953 war er an das Eastern Mennonite College zurückgekehrt, um dort Soziologie zu lehren und in dem Peace Problems Committee mitzuarbeiten. Aufgrund institutioneller Differenzen am College beendete er seine Lehrtätigkeit und nahm einen Auftrag des MCC an, in Japan als „Friedensberater für Missionen und Kirchen“ zu arbeiten und sich in den Bemühungen um die Erziehung zum Frieden zu engagieren. Nach drei Jahren kehrte die Familie in die USA zurück, um die Gesundheitsprobleme einer Tochter besser behandeln lassen zu können, und ließ sich in Washington (D. C.) nieder. Hier arbeitete Peachey seit 1961 als Exekutivsekretär der Church Peace Mission und organisierte Konferenzen und Studienprojekte in Zusammenarbeit mit dem Fellowship of Reconciliation im Ost-West-Dialog. Das führte ihn unzählige Male nach Osteuropa und Russland, wo er Beziehungen zu vielen Menschen im „sozialistischen Block“ anknüpfte.

Gleichzeitig versuchte er, an einer Universität Fuß zu fassen, und wurde 1965 mit einem nebenberuflichen Lehrauftrag an der Catholic University of America betraut. Im Herbst 1967 wurde ihm eine Vollzeitstelle am Fachbereich Soziologie angeboten, er trat in die Laufbahn eines Hochschullehrers ein und wurde 1987 in den Ruhestand versetzt. In dieser Zeit leitete er zahlreiche Forschungsprojekte, darunter den Residential Areal Bond (als Buch 1984 veröffentlicht), half mit, ein interdisziplinäres Programm für Friedensstudien zu organisieren und nahm an vielen Friedensinitiativen teil, auch der Christian Peace Conference, die sich zu „Christians Associated for Relations with Eastern Europe“ entwickelte.

Mit drei befreundeten Ehepaaren gründete das Ehepaar Peachey 1976 das Rolling Ridge Retreat Center in der Wildnis der Blue Ridge Mountains. Das 1400 Acres große Land, das von dem Quäkerehepaar Henry und Mary Cushing Niles gestiftet wurde, sieben Meilen südlich von Harpers Ferry in West Virginia stellte die Ernährung von Personen und Gemeinschaften sicher. Zahlreiche ökumenische Freizeiten zu Meditation und geistlicher Erbauung wurden hier abgehalten, ebenso themenorientierte Konferenzen, auch gingen daraus veröffentlichte und unveröffentlichte Vorträge und Zeitschriften, darunter weitläufige von Paul Peachey selbst, hervor. Hier wohnte die Familie Peachey vom Sommer 1985 bis November 2001. Danach zog sie sich in die Virginia Mennonite Retirement Community in Harrisonburg (Virginia) zurück. Ein kräftiges Zeugnis für die Bedeutsamkeit von Ehe und Familie im menschlichen Zusammenleben legte Paul Peachey mit seinem Buch Leaving and Clinging: The Human Significance of the Conjugal Union (2001) ab.

Paul Peacheys Lehr- und Forschungstätigkeit war weit gespannt. Seine Aufsätze erschienen in mehr als fünfzehn nordamerikanischen und europäischen Zeitschriften, allein zehn Artikel und vierzehn Rezensionen in The Mennonite Quarterly Review. In zwei autobiographischen Abhandlungen wurden zahlreiche Aufsätze wiederabgedruckt, die anderswo verstreut erschienen waren. Mehrere Broschüren, drei von ihm herausgegebene Sammelbände der Catholic University of America und über ein Dutzend Beiträge in anderen Büchern, darunter die wichtigen Kapitel The Modern Discovery of the Anabaptist Vision (1997) und Towards an Understanding of the Decline of the West (Concern, Nr. 1) spiegeln seine breit angelegte Gelehrsamkeit wider.

Paul Peachey hatte einen tiefen Glauben und starke Überzeugungen. Sein besonderes Augenmerk galt den ungelösten Problemen, wie er oft sagte, zwischen „Schöpfung und Gnade“ (zwischen dieser Welt und der Ewigkeit). Ihn beschäftigten die Kompromisse, die in der mennonitischen Kirche aufgrund ihrer Institutionalisierung eingegangen werden mussten. Es war für ihn schwierig, sich den traditionellen Kirchenstrukturen und -praktiken zu fügen, und er sagte oft: „My decision to step outside the Mennonite denominational enterprise was not a response to a more attractive offer elswhere. Rather I chose this change of direction on the premise that first of all I should do no harm. If something constructive resulted, this would become evident in due time“ (Paul Peachey, A Usable Past, 127). „Keinen Schaden anzurichten“ war seine Devise, wenn er der Kirche zu helfen versuchte, ihre wahre Bestimmung zu erreichen. Ironischerweise widmete er seine spätere berufliche Karriere der Mitarbeit gerade in zahlreichen religiösen und säkularen Institutionen.

In seinen Schriften wie in persönlichen Beziehungen neigte Peachey zu philosophischer, theoretischer und abstrakter Ausdrucksweise, immer aber beschäftigte er sich mit den großen und grundsätzlichen Themen des Lebens. Wie er selbstironisch anmerkte, war nicht immer ganz klar, was er meinte. Er war ein Mensch, der schwer an unseren menschlichen Unzulänglichkeiten trug. Viele standen unter seinem Einfluss.

Veröffentlichungen (Auswahl)

Die soziale Herkunft der Schweizer Täufer in der Reformationszeit, 1525–1540, Karlsruhe 1954. - The Modern Recovery of the Anabaptist Vision, in: Guy F. Hershberger (Hg.), The Recovery of the Anabaptist Vision, Scottdale, PA, 1957. - Residential Areal Bond: Local Attachments in Delocalized Societies, New York 1984. - Leaving and Clinging: The Human Significance of the Conjugal Union, Lanham, MD, 2001. - A Usable Past: A Story of living and thinking vocationally at the margins. Telford, PA, 2008. - Erklärung der Historischen Friedenskirchen. Peace is the will of God, Genf 1952, ebenso in: Paul Peachey, Building Peace and Civil Society, Council of Research in Values and Philosophy, Washington, D. C., 2007.

Calvin W. Redekop

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