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Oosterbaan, Johannes Arnoldus

geb. am 15. Mai 1910 in Hilversum, gest. am 20. September 1998 in Haarlem, Niederlande; Mennonitenprediger und Professor für Theologie an der Universität Amsterdam und am Doopsgezind Seminarie (Taufgesinnten Seminar).

Johannes A. Oosterbaan stammte aus einer alteingesessenen taufgesinnten Familie in Harlingen und war der Sohn des Mennonitenpredigers Pieter Oosterbaan und Juliana Leverland. Er studierte zunächst Jura und danach Theologie an der Universität Amsterdam. 1938 wurde er Lehramtskandidat, danach diente er den Gemeinden Broek op Langedijk (1938), Barsingerhorn sowie Noord- und Zuid-Zijpe (1940) und Haarlem (1950). 1946 ging er die Ehe mit Rensina Carolina Lugt (1910–2000) ein. Als Nachfolger von W. Leendertz wurde Oosterbaan 1954 Professor der Philosophie und Ethik an der Universität Amsterdam und für christliche Glaubens- und Sittenlehre am Taufgesinnten Seminar.

Neben seinem Amt als Professor nahm er viele Verwaltungsaufgaben wahr: als Dekan der theologischen Fakultät und der zentralen Interfakultät, Berater bei der →Algemene Doopsgezinde Societeit, Vertreter der Mennonitengemeinden bei den Vollversammlungen des Weltkirchenrates in Neu Delhi (1961) und Uppsala (1968), stellvertretender Vorsitzender der →Mennonitischen Weltkonferenz und Redner bei verschiedenen Mennonitischen Weltkonferenzen, Vorsitzender des Doopsgezinde Zendings Raad und des Europäischen Mennonitischen Evangelisations-Komitees, Mitglied in Teylers Gesellschaft für Gottesgelehrtheit.

Oosterbaan wurde 1935 von Willem Leendertz (1883–1970), damals noch Lektor am Taufgesinntenseminar in Amsterdam (ab 1944 Professor für Theologie und Ethik am Seminar, ab 1946 Professor für Religionsphilosophie an der Universität Amsterdam), mit einer Dissertation zu Hegels Phänomenologie des Geistes en de theologische kenleer summa cum laude promoviert. Das Verhältnis zwischen Philosophie und Theologie hat ihn in seinem ganzen weiteren Leben beschäftigt und bildet eines der Kernpunkte seiner weiteren Forschung und Lehre. Er war fortwährend im Gespräch mit Aristoteles, Hegel, Kierkegaard, Heidegger und Barth. Seine Studenten konfrontierte er direkt mit den Quellentexten dieser großen Denker. Diese fruchtbare Lehrmethode hatte Anziehungskraft für viele Zuhörer, auch außerhalb des Kreises der Theologiestudenten. Daneben muss sein Interesse an der Tradition der Täufer genannt werden. Er beschäftigte sich vielfach intensiv mit der Theologie Menno Simons´.

Die oben genannten Denker deuten auf Spannungsfelder hin, das bedeutendste ist dasjenige zwischen Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Karl →Barth. Diese beiden Denker bilden die Brennpunkte für Oosterbaans Denken. Mit keinem von beiden hat er sich jedoch vollständig identifiziert. Die Einheit seines Denkens lag vielmehr in der Reflexion über den Geist oder über das Geistige. Schon in seiner Dissertation bildet dieses das zentrale Thema. Die Lehre Hegels kulminiert in dem Geist, der sich über den dialektischen Prozess im Laufe der Geschichte realisiert. Oosterbaan machte die Prämissen dieses Denkens sichtbar und zeigte, dass die Dialektik in Hegels Logik über sich selbst hinausreicht, hin zu einer kritisch-dialektischen theologischen Seinsform. In seiner Antrittsrede Het Midden en de Middelaar (Die Mitte und der Mittler) arbeitete er diese These weiter aus: Der Grund jeder Philosophie ist die Mitte, der Grund der Theologie ist der Mittler. Barth wurde von ihm bejaht, doch schließlich auch kritisiert, da er die Theologie noch ungenügend vom Einfluss der weltlichen Philosophie getrennt habe. Beide Denker nahmen in seiner Abschiedsvorlesung erneut eine zentrale Stellung ein. Daneben mischte er sich mit großem Eifer in die Debatte um die Religionsphänomenologie ein.

Nach Oosterbaan geht es im kritischen dialektischen Denken, das er in der Theologie der Täufer (also auch Menno Simons´) wahrnahm, um ein gleichwertiges Nebeneinander von Wort und Geist. Aus dieser Mitte heraus werden seiner Ansicht nach die Ekklesiologie, die Theologie des Amtes, und die Lehre von Taufe und Abendmahl bestimmt. Wiederholt hat er sich zu diesen Themen entschieden geäußert, sowohl im ökumenischen Zusammenhang, z. B. im täuferisch-calvinistischen Gespräch, als auch auf der Ebene des weltweiten Mennonitentums. Einige Male schrieb er, auch in diesem Zusammenhang, über die Rolle des Begriffes Gnade in der niederländischen Täufertheologie.

Innerhalb des Spannungsfeldes zwischen Philosophie und Theologie, zwischen Täufertum und Ökumene strebte Oosterbaan immer nach einem Gleichgewicht. Obwohl alle seine Schriften sehr zugänglich und lesbar sind, tritt dieses Gleichgewicht am deutlichsten in den Meditationen hervor, die er in seinen späteren Jahren schrieb. Die Beispiele dafür sind zu finden in einer posthum herausgegebenen Sammlung verstreuter Schriften Doordacht geloven (Durchdachtes Glauben, 2000). Oosterbaan schrieb nur selten polemisch und seine Werke sind gekennzeichnet durch einen verbindlichen Stil – die gleiche Haltung kennzeichnete auch ihn selbst als kirchenpolitischer Funktionär. Er war derjenige, der die großen Linien vorgab und einhielt, anderen gab er die Gelegenheit, diese Vorgaben danach umzusetzen. Das vermittelte ihm, ganz sicher in mennonitischen Kreisen, eine große Autorität. Auch im persönlichen Umgang war er stets von großer Sanftmut, mit einer klaren pastoralen Haltung seinen Kollegen und (ehemaligen) Schülern gegenüber.

Veröffentlichungen (Auswahl)

Hegels Phänomenologie des Geistes en de theologische kenleer, Haarlem 1953 (Diss.). - Het midden en de middelaar, Haarlem 1954 (Antrittsvorlesung). - Barth en Hegel. Leven en denken vanuit de verzoening (Leben und Denken aus der Versöhnung), Amsterdam 1978 (Abschiedsvorlesung). - Doordacht Geloven. Verspreide Geschriften, Zoetermeer 2000, darin eine kurze Bibliografie.

Weitere Veröffentlichungen: De theologie van Menno Simons, in: Nederl. Theologisch Tijdschrift XV, 4, 1961, 1–12, übersetzt: The Theology of Menno Simons, in: Mennonite Quarterly Review XXXV, 3, 1961, 187–196, 237. - De enkeling en het algemene in het denken van Sören Kierkegaard, in: Algemeen Nederlands Tijdschrift voor Wijsbegeerte en Psychologie, April 1963, 1–15. - Heil für das ganze Leben, in: So sende ich euch, Basel, 1964, 7–21. - Wijsbegeerte van de godsdienst (Philosophie der Religion), in: W.F. Dankbaar und M. de Jonge (Hg.), Inleiding tot de theologische studie, Groningen 1965,159–171. - Versuch einer ökumenischen Theologie, in: Hans-Jürgen Goertz (Hg.), Die Mennoniten, Stuttgart 1970, 141–155; später auch in Gemeinde unterwegs, Mai 1975. - De Broederlijke Vereniging, een voorlopig consolidatiepunt der broederschap, in: Broederlijke Vereniging, Doperse stemmen 1, Amsterdam 1974, 23–38. - Vlekken en rimpels. Over verdeeldheid en hereniging, in: S. Groenveld u. a. (Hg), Wederdopers, Menisten, Doopsgezinden in Nederland 1530 – 1980, Zutphen, 1981 / 1993, 62–83.- De gemeente, in: Dopers-Calvinistisch Gesprek in Nederland, ’s-Gravenhage 1982, 28–35. - De wijsheid der wereld, in: Stemmen uit de Doopsgezinde Broederschap VI, 1957, 74–82; auch in: Das Evangelium von Jesus Christus in der Welt. Vorträge und Verhandlungen der Sechsten mennonitischen Weltkonferenz, Karlsruhe 1957, 37–41; übersetzt The World in its Wisdom in: Mennonite Quarterly Review, XXXVI, 3, 1962, 179–188. - Jezus Christus, de Heer der gemeente in haar Verkondiging, in: Stemmen XI, 1962, 95–109, ebenso in: Jesus Christ: Lord of the Church in its Proclamation in: The Lordship of Christ. Proceedings of the Seventh Mennonite World Conference, August 1–7, 1962 Kitchener, Ont., 1962, 28 – 38. - Woord en Geest, Inleiding tijdens het Achtste Doopsgezind Wereldcongres te Amsterdam 1967, auch in: Doopsgezind Jaarboekje LXII, 1968, 15–28. - De reformatie van de Reformatie. Grondslagen van de doperse theologie, in: Doopsgezinde Bijdragen II, 1976, 36–61, übersetzt: The Reformation of the Reformation: Fundamentals of Anabaptist Theology,in: Mennonite Quarterly Review, LI, 3, 1977, 171–195. - De theologie en theorieën van geschiedenis en kerkgeschiedenis, in: Doopsgezinde Bijdragen VII, 1981, 31–50. - Hegel en de Aufklärung, in: A. Lambo (Hg), Oecumennisme. Opstellen aangeboden aan Henk B. Kossen ter gelegenheid van zijn afscheid als kerkelijk hoogleeraar, Amsterdam 1989, 155–164.

Literatur

C.W. Mönnich, Albumblad voor Oosterbaan, in Summa. Blad van de theologische faculteit van de Universiteit van Amsterdam 10, 1978, 2. - Beiträge von C. Krahn, A. F. de Jong und L. Laurense aus Anlass des Abschieds von Oosterbaan, in: Algemeen Doopsgezind Weekblad XXXIII,15, 15. 4. 1978). - Irvin B. Horst u. a. (Hg.), De Geest in het geding. Opstellen aangeboden aan J. A. Oosterbaan ter gelegenheid van zijn afscheid als hoogleraar (Festschrift), Alphen aan de Rijn 1978. - Prof Oosterbaan nogmaals ten afscheid, Interview, in: Summa XI, 5, 1979), 1–4. - Sjouke Voolstra und Doirk Visser, Interview met J. A. Oosterbaan. Over het wezen en de toekomst van de Doopsgezinde Gemeente, in: Doopsgezinde Bijdragen XI, 1985, 70–76. - Sjouke Voolstra, In memoriam Prof. Johannes Arnoldus Oosterbaan, in: Alg. Doopsgez. Weekblad LIII, 40, 3. Oktober 1998. - A.F. De Jong, In memoriam Prof. Mr. Dr. Johannes Arnoldus Oosterbaan, in: In de Waagschaal, neuer Jahrgang XXVII, 28. November 1998, 484–486. - Alle Hoekema, In memoriam Johannes Arnoldus Oosterbaan, in: Doopsgezind Jaarboekje 93, 1999, 10–12.

Alle G. Hoekema

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