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Brüsewitz, Carl Friedrich

geb. am 6. März 1919 in ’s-Gravenhage, gest. am 19. Oktober 2008 in Zwolle, Niederlande; Prediger in Mennonitengemeinden, Hauptprediger in Einrichtungen der Strafjustiz in den Niederlanden, Vorsitzender des Doopsgezinde Historische Kring.

Carl Friedrich Brüsewitz entstammte der Haager mennonitischen Familie Hendrika Hamer und Hendrik Isaac Brüsewitz. Als Schüler des Haager Gymnasiums (Haganum) nahm er am Gemeindeleben der dortigen Mennoniten teil. Inspiriert von Pastor Albert Keuter, der ihn auch getauft hatte, war er an der Leitung mennonitischer Ferienlager der Doopsgezind Jeugdbond und der Algemene Kampcommisie beteiligt. Von 1939 bis 1943 studierte er Theologie an der Universität Amsterdam. Unter der deutschen Besatzung konnte er sein Studium nicht zu Ende führen, denn seine Artikel in Propria Cures, dem kritischen Studentenblatt, waren Anlass, ihn zusammen mit anderen gefangen zu nehmen und drei Monate lang als Geisel im Lager Vught zu internieren. Nach seiner Freilassung aus diesem berüchtigten Konzentrationslager konnte er sich, durch seine Anstellung als Prediger der Gemeinde Balk-Woudsend (1943 – 1946), dem „Arbeitseinsatz“ entziehen. Nach dem Krieg wurde er 1946 als zweiter Prediger neben Pastor J. J. G. Wuite in der Gemeinde Utrecht angestellt. Sein Charakter neigte zur Versöhnung, nicht zur Polarisierung. Er kannte praktisch jeden in der mennonitischen Bruderschaft. Er war klein, doch von kräftiger Gestalt und nicht zu übersehen. Er mochte gerne Menschen um sich haben, und seine Stimme konnte mit ihrem Volumen eine große Versammlung erreichen oder den gemeinsamen Gesang leiten. Seine Kriegserfahrungen und seine Hinwendung zu den ideologisch angeschlagenen deutschen Gemeinden brachten ihn zur Vredesgroep und dem Friedensgedanken ganz allgemein nahe. In der Politik erhoffte er sich für diesen Friedensgedanken bei der 1946 gegründeten Partij van de Arbeid Unterstützung. Doch er kündigte bald die Mitgliedschaft in dieser Partei auf, als diese die militärischen Aktivitäten in Indonesien als einen bloßen polizeilichen Einsatz deklarierte.

Es verwundert nicht, dass er sich in der Nachkriegszeit zu einer Übersetzung von The Anabaptist Vision von Harold S. →Bender (1943/44) inspirieren ließ und diesen berühmten Aufsatz unter dem Titel De Doperse Visie (Amsterdam, 1948) als Ausgabe der Mennonitischen Friedensgruppe veröffentlichte. In dieser Veröffentlichung waren die Begriffe fromme Bescheidenheit, kompromisslose Friedensgesinnung und Nächstenliebe des schweizerischen Täufertums zentral.

1950 heiratete Brüsewitz Barbara Frey Meihuizen, Nachfahrin einer 1714 in die Republik der Niederlande ausgewichene Schweizer Familie. Sie hatten vier Söhne, zwei von ihnen sollten als Prediger in die Fußstapfen ihres Vaters treten. Außerdem schloss er sein vom Krieg unterbrochenes Theologiestudium ab. Seine größer werdende Familie erforderte ein höheres Einkommen, dies führte ihn zum Einstieg in eine Nebentätigkeit, die ihm viel Befriedigung schenkte: zunächst als Gefängnisprediger der Strafanstalt in Utrecht und später als Hauptprediger der Hafteinrichtungen des Justizministeriums (1965–1983). Für seine Verdienste auf diesem Sektor wurde er beim Eintritt in den Ruhestand mit dem Sammelband De Kerk in de gevangenis (1983) geehrt.

Trotz seiner vielen Tätigkeiten blieb er ein genauer Beobachter der Entwicklungen in den Mennonitengemeinden: als Sekretär der Kommission für das Freizeitheim Elspeet (BHC) und durch seinen Einsatz als Gastprediger in Elspeet zu Weihnachten oder zu Pfingsten. Die →Algemene Doopsgezinde Societeit (ADS) ernannte ihn zu ihrem Vorsitzenden (1972–1979), während er diese zugleich im Rat der Kirchen vertrat. Es war jene Zeit, da die Lehre am Mennonitischen Seminar neu strukturiert wurde, Broederschapsvergadering (BV) und der Broederschapsraad (BR) in die Leitung der ADS Eingang fanden. Als er sich am 13. Oktober 1979 von seinem Amt zurückzog, gaber diese Aufgabe weiter an eine Frau weiter, an J. Van Ingen Schenau-Elsen. Von 1979 bis 1994 blieb er Vorsitzender bei der BHC. Auch während dieser Zeit veränderte sich in Elspeet viel. Durch die Zusammenarbeit mit dem Ausbildungsinstitut für den Zolldienst wurden die Organisation, die Räume und Anlagen des Freizeitheims vergrößert und professionell gestaltet. Aus dem alten Bruderschaftshaus, voller Nostalgie und Erinnerungen für viele, wurde das moderne Konferenzzentrum Mennorode und der BHC zum Aufsichtsrat umfunktioniert. Das war zunächst gewöhnungsbedürftig. Seine Erinnerungen schilderte Brüsewitz in Impressies van Mennorode, Doopsgezind Broederschapshuis, im zweiten Teil des zusammen mit Frits Groeneveld erstellten Jubiläumsbandes Van Elspeet naar Mennorode. Hoe een broederschapshuis voort-bout, Hilversum 2000).

Seine breit gefächerten Interessen, Verwaltungserfahrungen und Funktionen führten ihn über die ganze Welt, ganz besonders zu den Weltkonferenzen. Anlässlich der →Mennonitischen Weltkonferenz in Straßburg hieß er die 8.000 Anwesenden als stellvertretender Vorsitzender in verschiedenen Sprachen willkommen. Zuvor hatte er für diese Konferenz den geschichtlichen Überblick Hilfswerke als Thema des Mennonitischen Weltkongresses gehalten (1983). Diese Arbeit brachte ihn auch in Kontakt zu Mennoniten in Russland, bis weit hinein nach Kasachstan. Das war ein Kontakt, der ihn tief beeindruckte.

Seine Pensionierung im Jahre 1983 verschaffte ihm die Gelegenheit, seine Liebe zur mennonitischen Geschichte unter Beweis zu stellen, indem er den Vorsitz des Doopsgezinde Historische Kring von 1983 bis 1993 übernahm. Er hatte schon vorher, zusammen mit seinem Sohn Jaap Brüsewitz, das Kapitel 5, Sociëteiten en seminarie (Sozietäten und das Seminar), im Jubiläumbuch Wederdopers, menisten, doopsgezinden (1980) verfasst. Mit geschickter und freundlicher Hand leitete er trotz seines Alters noch Sitzungen, Zusammenkünfte und Konferenzen. Der Doopsgezinde Historische Kring erweiterte auch sein Programm, neben der Veröffentlichung einer jährlichen Zeitschrift organisierte er oft auf Einladung von Jubiläumsgemeinden Exkursionen innerhalb der Niederlande oder über die Grenzen hinweg nach Deutschland und Belgien. Gelegentlich kommentierte Brüsewitz die wachsende Reiselust der Mitglieder dieses Kreises mit Humor oder einem Seufzer, indem er vom Doopsgezinde Historische Kring als einem „Geselligkeitsverein auf leicht religiöser Grundlage“ sprach. Der letzte Ausflug unter seiner Leitung als Vorsitzendem fand 1993 statt, als eifrige Vereinsmitglieder am Ufer der Maas bei Vissersweert jene Treppenstufen auf- und abstiegen, über die Menno Simons im Jahre 1545 aus einem Schiff nach oben gestiegen war, um „in een weye tegen over die woninge van Jennisken Haes" (auf einer Weide gegenüber der Wohnung von Jennisken Haese) zu predigen.

Brüsewitz sollte noch viele Sitzungen und Exkursionen als „normales Mitglied“ miterleben – bis zu seinem Ende. Anlässlich der Herbsttagung des Doopsgezinde Historische Kring wurde seiner am 1. November 2008 in Amsterdam gedacht, und die Doopsgezinde Bijdragen, das Doopsgezind Jaarboekje und das Doopsgezind Weekblad veröffentlichten Nachrufe, aus denen viel Zuneigung sprach.

Schriften (Auswahl)

Mit J. Brüsewitz, Sociëteiten en seminarie: Organisatie en onderwijs, in: Wederdopers, menisten, doopsgezinden in Nederland 1530–1980, Zutphen 1981, 84–100. - Hulpwerk als thema van het Doopsgezind Wereldcongres, in: Doopsgezinde Bijdragen 9, 1983, 27–32. - Frits Groeneveld und Carl Brüsewitz, Van Elspeet naar Mennorode; hoe een broederschapshuis voort-bouwt, Hilversum 2000.

Festschrift

J. Spoor, J. (Hg.), De kerk in de gevangenis: Een bundel opstellen over het Justitiepastoraat aangeboden aan drs. C.F. Brüsewitz bij zijn afscheid als hoofdpredikant bij (…) het Ministerie van Justitie, Kampen 1983.

Nachrufe

Piet Visser, In memoriam Carl Friedrich Brüsewitz (1919–2008), in: Doopsgezinde Bijdragen, 34 2008, 197–201. - Piet Visser, In memoriam Carl Friedrich Brüsewitz, 6. 3. 1919 – 2.10. 2008, in: Doopsgezind Jaarboekje 103, 2009, 19–22. - E. van Straten, Na een lang en rijk levenn. In memoriam ds. Carl Brüsewitz, in: Doopsgezind, nl 23, 2008 (vom 8. 11. 2008), 7.

Bonny Rademaker-Helfferich

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