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Verband deutscher Mennonitengemeinden (K. d. ö. R.)

Der Verband deutscher Mennonitengemeinden K. d. ö. R. (VdM) ist ein freikirchlicher Gemeindeverband in täuferischer, friedenskirchlicher Tradition. Zum VdM gehören 25 Gemeinden mit 1330 Mitgliedern in Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz und in Sachsen-Anhalt (Stand: 2015). Die Gemeinden im Verband sind selbstständig und bilden nach örtlichen und individuellen Prägungen unterschiedliche Akzente des Gemeindelebens aus. Die Gemeinden verbindet die Erfahrung, dass Christsein und Gemeindesein Weggemeinschaft brauchen. Der Verband ist Mitglied der bundesweiten →Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland K. d. ö. R. (AMG) und Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Baden Württemberg und in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Bayern

1. Entstehung und Selbstverständnis

Die Wurzeln des Verbandes deutscher Mennonitengemeinden reichen zurück bis ins 17. Jahrhundert. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wanderten Mennoniten aus der Schweiz in die Kurpfalz und den Kraichgau ein und ließen sich hier überwiegend als Landwirte nieder. Eine Liste von 1731 führt dreizehn taufgesinnte Gemeinden in der Kurpfalz und im Kraichgau auf. Während des 19. Jahrhunderts zogen vorwiegend jüngere Familien nach Württemberg, Franken, Bayern und an den Bodensee und gründeten hier neue Gemeinden. In der Mitte des 19. Jahrhunderts schlossen sich diese Gemeinden zum Gemeindeverband zusammen, um Kontakt untereinander zu pflegen, über Lehr- und Glaubensfragen zu beraten und sich gegenseitig finanziell zu unterstützen.

Der Verband bekennt sich gemäß der biblischen Botschaft zu Gott, dem Schöpfer und Vater, zu Jesus Christus, dem gekreuzigten, auferstandenen und wiederkommenden Herrn, und zum Heiligen Geist, der uns erneuert und Gemeinschaft stiftet. Der Verband sieht seinen Auftrag und die Sendung seiner Gemeinden in Evangelisation, Gemeindegründung, Diakonie, Seelsorge und Friedenszeugnis. Das Miteinander der Gemeinden versteht er im Sinne einer geistlichen Weggemeinschaft, ohne die Eigenständigkeit der Einzelgemeinde in Frage zu stellen. Die gemeinsamen Aufgaben im Verband werden durch Beiträge der Mitgliedsgemeinden und Spenden finanziert.

2. Organe und Arbeitsweise

Die Drehscheibe zwischen den Gemeinden und den verschiedenen Arbeitszweigen des Verbandes bilden die Mitgliederversammlung, der Vorstand und die Geschäftsstelle des Verbandes. Die Delegierten der Gemeinden kommen jährlich zu drei ganztägigen Mitgliederversammlungen zusammen und pflegen so Beratung, Austausch und Gebet. Auf der Tagesordnung der Mitgliederversammlungen stehen neben diversen Beratungspunkten gemeindepraktische oder theologische Schwerpunktthemen. Die Koordination und Leitung der Aufgaben und Belange des Verbandes zwischen den Sitzungen sowie dessen Vertretung nach außen versieht der Vorstand. Er setzt sich aus mindestens sieben Personen zusammen und trifft sich zu vier ganztägigen Sitzungen im Jahr sowie unregelmäßig zu zweitägigen Klausurtagungen. Entscheidungen in der Mitgliederversammlung und im Vorstand werden im Konsensverfahren getroffen.

Ausführendes Organ der Beschlüsse von Mitgliederversammlung und Vorstand ist der theologische Mitarbeiter des Verbandes. Als Teil des Vorstands ist er Hauptansprechpartner für alle Anfragen und Belange des Verbandes und seiner Gemeinden. Der theologische Mitarbeiter hilft bei der Planung und Durchführung von Seminaren in Gemeinden, unterstützt bei theologischen und gemeindepädagogischen Fragen, plant und führt Tagungen, Freizeiten und Seminare durch. Ein jährliches Tagungsprospekt in Verbindung mit der →Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Mennonitengemeinden (ASM) steht Interessierten im Druck sowie im Internet zur Verfügung.

Gemeinden in Veränderung und Aufbruch erfahren auf Wunsch Beratung und Begleitung durch den theologischen Mitarbeiter. Bei Anstellungs- und Vertragsfragen helfen Vorstand und Geschäftsstelle. Sie sind auch bei der Vermittlung und Begleitung von Berufseinsteigern in die Gemeindearbeit behilflich, vermitteln Gemeindepraktika und setzten sich für finanzielle Unterstützung von Theologiestudierenden aus den Gemeinden ein.

3. Spiritualität, Gemeinschaft und Sendung

Das Leben und die Gottesdienste in Gemeinden des Verbandes sind vielfältig und von der örtlichen Situation bestimmt. Schwerpunkt der Gottesdienste sind Wortverkündigung und Gemeinschaft. Der Aufbau der Gottesdienste besteht in der Regel aus: Sammlung, Mitteilungen, Anbetung, Verkündigung, Fürbitte und Sendung. Eine wichtige Brücke zum Alltag bildet das Miteinander vor und nach dem Gottesdienst sowie Hauskreise, wo Zuspruch, Seelsorge, Verabredungen von Alltagsbeziehungen ihren Platz haben.

Die seit vielen Jahren Ende Januar stattfindenden Impulstage in der Tagungsstätte Thomashof in Karlsruhe erfreuen sich großer Beliebtheit. Sie bieten Fortbildung in theologischen und gemeindepraktischen Fragen, Gemeinschaft, Austausch sowie das Erlebnis neuer Ausdrucksformen von Spiritualität und Gottesdienst. Das Angebot richtet sich an Männer und Frauen in der Gemeindeleitung und in der verantwortlichen Gemeindemitarbeit. Die Impulstage werden gern von kompletten Leitungs- und Mitarbeiterkreisen gebucht, um in Gemeindegruppen an den referierten Themen und aktuellen Herausforderungen der Gemeinden zu arbeiten.

Zum Konvent treffen sich Pastoren und Pastorinnen und angestellte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Gemeinden und Werke drei Mal im Jahr. Austausch, Gebet, Fürbitte und Segen sowie die gemeinsame Arbeit an Themen der Gemeindepraxis und des persönlichen Dienstes prägen das Miteinander an diesem Tag. Ergebnisse theologischer Arbeit im Konvent werden in loser Folge gesammelt und auf Anfrage zur Verfügung gestellt.

Beziehungen und Gemeinschaft in Verbandsgemeinden sind geprägt von der Einsicht, dass Jesus nicht nur in seine Nachfolge ruft, sondern auch zu Gemeinschaft und Dienst. In ihnen erleben Menschen ihre Gaben, Wachstum und Veränderung sowie die Berufung, neue Zellen, Kreise und Gruppen ins Leben zu rufen. So wird die erneuernde und verändernde Kraft des Evangeliums erlebt und erfahren, in sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bezügen zu leben. So ist auch die Gründung neuer Gemeinden als Ausdruck gelebter Jesusnachfolge in den Gemeinden kein Fremdwort mehr, sondern ein weiteres Zeugnis gelebten Glaubens gemäß des biblischen Auftrags in täuferischer Tradition.

4. Leitbild

Von der Mitgliederversammlung bzw. vom Vorstand werden nach Bedarf projektbezogene Arbeitsgruppen gebildet und mit geeigneten Personen besetzt. In seinem 2005 von der Mitgliederversammlung verabschiedeten Leitbild bekennen sich die Gemeinden im Verband zur Zusammenarbeit und zum Engagement in fünf zentralen Punkten:

Zeugnis von Jesus Christus

Jesus Christus, Fragen nach Heilung, Frieden und Versöhnung fordern heraus. Mit anderen Gemeinden und Kirchen in unserem Land sieht sich der Verband vor die Aufgabe gestellt, Jesu Auftrag zu erfüllen. Das Evangelium vom Heil und Frieden in Jesus Christus wird ganzheitlich und kontextbezogen verstanden und als Ausdruck des kommenden und schon gegenwärtigen Reiches Gottes bekannt. In dieser zentralen Aufgabe unterstützt der Verband entsprechend seiner Persönlichkeiten und deren Begabungen die Absicht, kreative Formen der Mission zu entwickeln und zum Einsatz zu bringen.

Gemeindeentwicklung mit Perspektive

Der Verband wird von der Vision lebendiger, wachsender Gemeinden geleitet, die offen für das Wirken des Geistes Gottes sind. Auch stellt er sich der Herausforderung, bestehende Gemeinden zu entwickeln, neue zu gründen, aufzubauen und diese Entwicklung durch Beratung, Finanzen und Begleitung zu fördern. Biblische Lehre, Anregungen für die Gemeindepraxis sowie der persönliche und gemeindliche Erfahrungsaustausch und das gemeinsame Gebet sind dabei wichtig. Gemeinde wird als Leib Christi begriffen. Sie versammelt sich im Hören auf ihr Haupt Jesus Christus, im Miteinander ihrer verschieden begabten Glieder zu Anbetung, Gemeinschaft und Zeugnis. Das Engagement innerhalb und außerhalb der Gemeinde wird als Dienst verstanden, Gemeinde als Kontrastgesellschaft. Deshalb unterstützen und fördern die Verbandsgemeinden aktive Schritte, die zu Evangelisation, Engagement für Arme, Benachteiligte und sozial Schwache, und zum Einüben von gewaltfreien Methoden der Konfliktlösung und dem Einsatz für den Erhalt von Gottes Schöpfung führen.

Lebendige Beziehungen

In der Gemeinde treten Menschen in Beziehung zueinander und lernen, miteinander ihr Leben und diese Welt in der Perspektive des Wortes Gottes zu sehen. So werden die Gemeinden ermutigt, ihre Glieder zum christlichen Leben und zum Dienst aktiv anzuleiten. Gegenseitige Annahme, Förderung, Beauftragung und Begleitung helfen, ein dafür zuträgliches Klima zu schaffen. Gottesdienste, biblische Lehre, Gebet, Seelsorge, Dienst- und Hauskreise, gemeinsame Freizeitgestaltung, sowie Tagungen, Freizeiten, Seminare und Publikationen eröffnen Menschen Raum, Jesu Wort und Vorbild für uns heute zu entdecken und in diesen Bereichen ihre Gaben einzubringen. Die Gemeinden werden bestärkt, Menschen, die nach Lebenssinn fragen, und solchen, die nach einer christlichen Gemeinde suchen, Gottes Liebe nahe zu bringen und Heimat zu bieten.

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen

Das Entdecken, Fördern und Freistellen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist eine wichtige Aufgabe der örtlichen Gemeinde. Dabei unterstützt der Verband die Gemeinden durch Angebote wie Fortbildungen, Seminare und persönliche Beratung. Dabei wird gaben- und bedürfnisorientiert vorgegangen. In Absprache mit den Gemeinden werden auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Dienst in Konferenzen und Werken berufen und beauftragt. Gemeinden werden im Prozess der Suche und Anstellung für den hauptamtlichen Gemeindedienst beraten und während des Dienstes unterstützt. Ausbildung zum hauptberuflichen Dienst ist wichtig und wird finanziell gefördert. Frauen und Männer in Gemeindeleitung werden zu Reflexion, Erfahrungsaustausch, neuen Arbeitsweisen und Praxisschritten angeleitet.

Interessen unserer Gemeinden

Der Verband pflegt die Zusammenarbeit mit anderen mennonitischen Gemeindeverbänden auf überregionaler und nationaler Ebene und bringt dort seine Stimme ein. Die am Evangelium orientierten Anliegen werden gegenüber Gesellschaft, Wirtschaft, staatlichen Einrichtungen und anderen christlichen Kirchen zu Gehör gebracht. Wo dem Wort Gottes und seinem Geist Entgegenstehendes zugemutet wird, wollen die Verbandsgemeinden Gott mehr gehorchen als den Menschen. Der Verband sieht sich in Weggemeinschaft mit anderen Christen, Kirchen und Gemeinden. Er will die weltweite Einheit des Leibes Christi im Blick behalten und mit seinen Gemeinden Friedenskirche in der Nachfolge Jesu sein.

5. Publikationen und Arbeitshilfen

Das vom Verband 1987 nach einem zweijährigen Gesprächsprozess verabschiedete Friedenszeugnis wurde 2011 von einer von der Mitgliederversammlung beauftragten Arbeitsgruppe kommentiert und durch Praxisbeispiele in einem fünfzigseitigen Arbeitsheft veröffentlicht. Die hier vorgelegten Materialien unterstützen Gemeinden in ihrer internen und externen Friedensarbeit.

Eine Agende bzw. ein Leitfaden gibt Hilfen in Fragen von Gottesdienstgestaltung und Kasualien. Jährliche erscheinende Berichtshefte zur Mitgliederversammlung dokumentieren die von vielen getragene Arbeit in Gremien, Delegierungen, Beauftragungen, in Vorständen und Arbeitsgruppen sowie zwischenkirchlicher Mitarbeit.

Die dreimal im Jahr erscheinende Verbandszeitung gibt Einblick in das Leben der dem Verband verbundenden Gemeinden, stellt neue angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor und setzt über Grundsatzartikel theologische und gemeindepraktische Akzente. Wichtige Vorgänge und Ereignisse aus dem Leben des Verbandes dokumentiert die jährliche Chronik im mennonitischen Jahrbuch.

Quellen

Aufbrechen. Gemeinden im Verband seit 150 Jahren, hg. vom VdM, Sinsheim 2004. - Helmut Funck, Geistliche Leiter des Verbandes deutscher Mennonitengemeinden, 170 Jahre, 2. Auflage, Neusäß-Westheim 2012. - Unser Friedenszeugnis. Jesus Christus macht den Kriegen ein Ende, hg. vom VdM, Karlsruhe 2011; http://www.mennonitsch.de/

Kurt Kerber

 
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