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Blesdijk, Nicolaas Meyndertsz. van

geb. 1520/21 in Blesdijk (Westfriesland), Niederlande, gest. 1584 in Freinsheim (Pfalz), Deutschland; Schwiegersohn, Sendbote und Biograph von David Joris.

Im westfriesischen Dorf Blesdijk geboren, erhielt Nicolaas Meyndertsz eine gute Ausbildung in Latein und Griechisch. So konnte er die Werke verschiedener Kirchenväter, des Erasmus von Rotterdam und Philipp Melanchthons lesen. Mit sechszehn Jahren schloss er sich 1536 der täuferischen Bewegung an. 1537 wurde er auf die Schriften des David Joris aufmerksam und ab 1539 wurde er zum Anhänger dieses angesehenen spiritualistischen Täufers. 1541 begleitete er Jorien Kettel, den Stellvertreter des David Joris, um die religiösen Diskussionen auf dem Reichstag zu Regensburg zu beobachten, wo es in der Tat zu Gesprächen zwischen Kettel und Martin Bucer gekommen war. Blesdijk wurde wohl wegen seiner exzellenten Lateinkenntnisse zu diesen Gesprächen hinzugezogen. In jener Zeit verließen David Joris und seine Familie die Niederlande, um sich 1544 in Basel niederzulassen. Blesdijk war in den Niederlanden und den angrenzenden Gebieten Norddeutschlands ständig unterwegs; er arbeitete als Sendbote und Sprecher der joristischen Bewegung. Mit häufigen Briefen und Besuchen begleitete er das religiöse Leben der zahlreichen, in der Verstreuung lebenden Anhänger des David Joris, bis er sich 1548 selbst in Basel niederließ und dort Tanneke, die Tochter dieses Täuferführers, heiratete.

1544 reiste Blesdijk nach Emden, um in Gesprächen mit Johannes a Lasco, den Superintendenten der reformatorischen Kirche in Ostfriesland, nach Möglichkeiten einer Versöhnung zwischen den Anhängern des David Joris und der offiziellen Kirche zu suchen. Die Gespräche illustrieren sowohl die spiritualistische Ausrichtung der joristischen Bewegung als auch Blesdijks Zögern, einige ihrer besonderen Lehrmeinungen ganz zu übernehmen. Er war bereit, traditionelle, orthodoxe Formeln der Trinität und Inkarnation anzuerkennen (auch wenn er Melchior Hoffmans besondere Christologie aufgab, an der den Mennoniten doch so viel lag), sich der Sakramentspraxis der offiziellen Kirche zu fügen, einschließlich der Kindertaufe, und die protestantisch klingenden Erklärungen zur Rechtfertigung aus dem Glauben zu unterschreiben. Aber er war nicht bereit, die Lehre vom freien Willen aufzugeben, auch nicht einzugestehen, dass die Kindertaufe heilsnotwendig sei. Er umging es, joristische Auffassungen von sexueller Reinheit zu diskutieren, vor allem auch den persönlichen Anspruch des David Joris, der Dritte David zu sein. Die Versuche, die Joristen in die ostfriesische Kirche einzugliedern, schlugen fehl; aber diese Täufer folgten der Anweisung ihres Anführers und nahmen seine Strategie äußerer Konformität mit der Obrigkeitskirche als Preis für ihre Duldung an.

1546 unterzog sich Blesdijk einer verhörartigen Unterredung mit Menno Simons, Dirk Philips und Leenaert Bouwens in Lübeck, daran schloss sich eine Diskussion mit dem mennonitischen Anführer Gilles van Aken an. Aus der Sicht von Blesdijks Schriften aus den Jahren 1546 und 1547, in denen David Joris gegen angeblich mennonitische Angriffe und Unterstellungen in Schutz genommen wurde, scheint es in jenen Jahren ein ziemliches Maß an Überschneidungen zwischen den Nachfolgern des Menno Simons und des David Joris gegeben zu haben. Nach Blesdijk waren es die Zulassung der Kindertaufe, der Gottesdienstbesuch in den offiziellen Kirchen und die Einfachheit der Kleidung, die sie voneinander trennten. Für die Mennoniten waren diese Themen äußerst wichtig, während sie sich für Blesdijk in Übereinstimmung mit dem →Spiritualismus des David Joris auf Äußerlichkeiten bezogen, die von geringem Wert waren. Blesdijk stellte fest, dass so grundsätzliche Themen wie die Erlösung durch Christus, das Jüngste Gericht, die Auferstehung von den Toten und ewiges Leben nicht geleugnet werden dürften, auch nicht um einem drohenden Martyrium auszuweichen; und für ihn war die Leugnung der erlösenden Kraft der Zeremonien eines der wesentlichen Forderungen des Glaubens. Er verurteilte die mennonitischen Anführer dafür, dass sie sich um ihre eigene Sicherheit bemühten, ihre Anhänger aber schrecklichen Verfolgungen wegen unwichtiger Dinge aussetzten. In diesen Schriften gegen die Mennoniten berief sich Blesdijk auf die Kreuzesmystik, die geistliches und nicht körperliches Leiden im Auge hatte, auch schien er von der joristischen Lehre über die Notwendigkeit angetan gewesen zu sein, für eine unschuldige, wiedergeborene Sexualität zu kämpfen.

In Basel mischten sich Blesdijk und Joris unter einen Kreis heterodoxer Humanisten, die sich in ihrem Eintreten für religiöse Toleranz einander verbunden fühlten. Die bedeutendste Person in diesem Kreis war Sebastian Castellio, der 1554 mit der Veröffentlichung einer religiösen Sammlung von Äußerungen frühchristlicher und reformationszeitlicher Autoren berühmt wurde, die sich gegen die Hinrichtung von Menschen wegen ihrer religiösen Glaubensmeinungen wandten. Diese Sammlung war eine Reaktion auf die im Vorjahr erfolgte Hinrichtung Michael Servets in Genf. Sowohl Joris als auch Blesdijk waren an den Gesprächen beteiligt, die der Veröffentlichung der Anthologie Castellios vorausgingen. Im darauf folgenden Jahr 1555, kamen schon lange brodelnde Vorbehalte, die Blesdijk gegen die persönlichen Ansprüche des David Joris hegte, an die Oberfläche. Blesdijk hatte lange daran festgehalten, „dass das geschriebene Evangelium und die Briefe der Apostel" die ausschließliche Quelle christlicher Autorität sei. Er versuchte in den besonderen Ansprüchen des David Joris kaum mehr als nur geringfügige Verdeutlichungen der biblischen Tradition zu verstehen, wie sie auf ihre Weise auch von solchen Personen wie Erasmus von Rotterdam herbeigeführt worden waren. Doch in Basel wurde es klar, das David und seine Nachfolger ihm eine prophetische, apokalyptische Rolle zuerkannten, die alles übertraf, was Blesdijk akzeptieren konnte. Zwietracht in der joristischen Gemeinschaft ging dem Tod des David Joris im August 1556 voraus und führte dazu, dass die Untersuchungen der Basler Obrigkeit die Sekte im Untergrund enttarnten und die joristischen Glaubensüberzeugungen 1559 formal widerrufen wurden.

Bald danach begab sich Blesdijk nach Freinsheim in der Pfalz; er wurde reformierter Prädikant und wirkte dort bis zu seinem Lebensende.

Um die Zeit seines Bruchs mit David Joris schrieb Blesdijk zwei historische Darstellungen, die für die Täuferforschung wichtig sind. Die erste Darstellung, Van den Oorspronck ende anvanck des sects welck man wederdoper nommt (…), wurde zwischen 1556 und 1559 geschrieben und zeichnet die Geschichte des Täufertums in den Niederlanden und in Nordwestdeutschland von seinen Anfängen bei Melchior Hoffman in Emden 1530 bis zum Fall des Täuferreichs von Münster 1535 nach. Diese Darstellung gründet auf die sorgfältige Lektüre der Schriften Melchior Hoffmans und Bernhard Rothmanns, auf einen Augenzeugenbericht der Witwe des Berndt Knipperdollink und auch auf entstellten Informationen, die von dem zeitgenössischen Historiker Lambertus Hortensius stammen. Blesdijk schrieb als kritischer Geschichtsschreiber ohne jedes Vorurteil gegenüber den Täufern. Seine Fehldeutungen entspringen vor allem dem Gebrauch unzuverlässiger Quellen. Aus dem Oorspronck erfahren wir von der wichtigen Rolle, die Hendrik Roll in den Anfängen des niederländischen Täufertums spielte, als er die Schrift über die Taufe und das Abendmahl der münsterischen Prädikanten zu einer Zusammenkunft mitbrachte, die auch von Jan Matthijs im Dezember 1533 in Amsterdam besucht wurde. Der Oorspronck galt als verschollen, bis Samme Zijlstra ihn in einer Handschriftensammlung der Basler Universitätsbibliothek während der Vorbereitungen für sein Buch über Blesdijk (1983) fand. Diese Handschrift hat jedoch wenig Einfluss auf die Täuferforschung gehabt. Dasselbe kann aber nicht von Blesdijks Buch über David Joris und dessen Bewegung gesagt werden, der Historia Vitae, doctrinae ac rerum gestarum Davidis Georgi haeresiarchae, das 1559 oder 1560 geschrieben, aber nicht vor 1642 veröffentlicht wurde. Es hat die Erinnerung an David Joris als den Dritten David geprägt, den endzeitlichen, wenn auch weniger bedeutenden Nachfolger des Zweiten David, Jesus Christus, festgeschrieben hat es auch die Überzeugung, dass Joris, wenngleich in gemäßigter Form, die Ideen Bernhard Rothmanns über die sexuelle Vorrangstellung des Mannes gegenüber der Frau aufgenommen hatte. Dieses Buch ist auch unsere hauptsächliche Quelle über die Synode von Bocholt, die 1536 die melchioritische Bewegung nach dem Debakel des Täuferreichs zu →Münster wiederherzustellen versuchte.

Blesdijks Schriften identifizierten mehr als jede andere Quelle David Joris sowohl als einen Täufer als auch einen Spiritualisten. Die Diskrepanz zwischen Blesdijks früheren und späteren Schriften hüllt die Bedeutung des David Joris, sofern er sich als den „Dritten David" verstand, in ein zweideutiges Licht.

Literatur

Roland H. Bainton, David Joris. Wiedertäufer und Kämpfer für Toleranz. Leipzig 1937. - Friedrich Nippold, David Joris von Delft, in: Zeitschrift für historische Theologie 33, 1863, 3 - 166; 34, 1864, 483 - 673; 38, 1868, 475 -591. - James M. Stayer, David Joris. A Prolegomenon to further Research, In: Mennonite Quarterly Review 59, 1985, 350 - 361. - Gary K. Waite, David Joris and Dutch Anabaptism, 1524 - 1543. Waterloo, Ont. 1990. - Samme Zijlstra, Nicolaas Meydertz. Van Blesdijk. Een bijdrage tot de geschiedenis van het Davidjorsme. Assen 1983.

James M. Stayer

 
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